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Ein atemberaubendes Sanierungsprogramm

Angelika Leuchtert rettet nach dem Tod des Ehemanns die Gebäude-Service Leuchert GmbH in Gütersloh

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Der Ehemann und Geschäftsführer stirbt, ein wichtiger Großkunde springt ab, die laufenden Kosten fressen die Einnahmen auf. In dieser Lage muss Angelika Leuchert (59) entscheiden, ob sie die Gebäude-Service Leuchert GmbH in Gütersloh weiter führen will.

Leuchert ist gelernte Köchin. Mit Gründung des Unternehmens 1988 arbeitete sie im Außendienst mit, pflegte den Kontakt zu den Kunden in Bad Salzuflen, Kassel, Gießen, Fulda und Wiesbaden. Ihr Mann Rudi holte Aufträge ein, führte die mitunter harten Preisverhandlungen und übernahm die kaufmännische Leitung. Bis zu seinem plötzlichen Tod am 29. März 2004. Dieser Tag änderte alles im Leben von Angelika Leuchert.
Weitermachen oder nicht? Die Antwort auf diese Frage berührte nicht nur Leucherts eigenes Schicksal, sondern auch das von 240 Mitarbeitern. »Die Frage blieb lange offen. Ich habe sie mir im Laufe der Monate immer wieder gestellt«, sagt Angelika Leuchert. Sie habe die Flucht nach vorn angetreten: »Die Firma war das Lebenswerk unserer Familie. Außerdem war ich Mitte 50. Wer sollte mich denn noch nehmen auf dem Arbeitsmarkt?«
Aus der Flucht nach vorn wurde ein atemberaubendes Sanierungsprogramm. Mit etwa vier Millionen Euro blieb der Umsatz nahezu kons-tant. »Doch das Ergebnis hat sich seitdem enorm verbessert. Das Unternehmen steht glänzend da, ohne dass es zu größeren Entlassungen kam«, sagt der Gütersloher Wirtschafts-Ingenieur Norbert Rüting, der Leuchert berät. Statt stumpf Personal abzubauen, sei Leuchert die neuralgischen Punkte in der Bilanz angegangen. Die monatlichen Materialkosten wurden auf ein Drittel gestutzt, die Kosten des Fuhrparkes um die Hälfte reduziert. Unrentable Zweigstellen wurden abgestoßen. Entscheidend aber sei ein effektiverer Einsatz der Mitarbeiter vor Ort gewesen - Leuchert schafft heute die gleiche Leistung mit einem Drittel weniger Aufwand. Rüting: »Angelika Leuchert hat die Firma gerettet.«
So hohes Lob ist Angelika Leuchert unangenehm. Sie würde lieber ihre Mitarbeiter im Vordergrund sehen, die diesen Kraftakt bewältigt haben. In der Rückschau wirke überhaupt alles so klar und dynamisch. So, als ob es keine schlaflosen Nächte gegeben habe, keine schwierigen Gespräche mit langjährigen Angestellten, die lieber an alten Verfahren festgehalten hätten. »Da gab es zwischendurch eine Menge Brassel.« Mit der Volksbank Gütersloh hatte ihr Unternehmen einen Partner, der trotz Basel II-Auflagen zur Stange hielt. »Bei der Firma Leuchert wurden die schwierigen Punkte beherzt und entscheidungsfreudig angegangen. Das ist nicht selbstverständlich«, sagt Frank Böger, Teamleiter Firmenkunden bei der Volksbank.

Artikel vom 18.05.2006