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Man muss die Straße richtig spüren

Gerhard Schultz erfüllte sich mit dem schnittigen »Cobra« einen großen Traum

Von Jörn Petring
Bünde (BZ). Er ist angetreten, um zu wagen, was noch keiner vor ihm versucht hat. »Wir schlagen Ferrari«. Gesagt, getan: Bei 24-Stunden-Rennen von Le Mans im Jahre 1963 bot Shelby Cobra mit seinem Rennstall den »Roten« Paroli. Der Cobra 289 hat Rennfahrtgeschichte geschrieben. Gerhard Schultz fährt mit ihr durch das Bünder Land.

»Das muss richtig brettern«, Schultz, schon seit seinem 18. Lebensjahr ein Automobilliebhaber, weiß, was einen Oldtimer ausmachen soll. »Man muss die Straße spüren, nur das Nötigste an Bord haben«. Seinen großen Traum realisierte sich Schultz vor zwei Jahren. Ein Cobra, Typ 289, sollte es sein. »So ein Auto ist schlicht weg nicht zu bekommen, 1000 wurden gebaut. Der Kaufpreis des Originals läge wohl bei etwa 170 000 Euro.« Ein Nachbau sollte Abhilfe schaffen.
Zwei Jahre tüftelte der Bastler in seiner Garage. Das Cobra- Replikat, erst vor einigen Wochen fertig gestellt, ist kaum vom Original zu unterscheiden. Eine schlanke Linie, kombiniert mit 200 PS herkulischer Motorleistung. »Im wesentlichen ist alles wie beim Original. Auf Detailtreue habe ich viel Wert gelegt.« Den Schlüssel zum Erfolg fand Schultz in Marburg bei einem Bekannten, ebenfalls Oldtimerliebhaber. Erst lag das Modell unter dem Weihnachtsbaum, einige Zeit später war er mit einem Hänger auf der Rückfahrt Richtung Stift Quernheim. Geladen hatte Schultz einen Bausatz, der 30 Jahre durch ganz Europa gereicht wurde. Von Liebhaber zu Liebhaber. Viele verzweifelten, nie wurde das Schätzchen zusammengebaut. England 1970, dann Belgien und schließlich in Marburg. Heute ist die Cobra ein Oldie, mit 30 Jahren auf dem Buckel, aber trotzdem erst seit wenigen Wochen fertig. Zwei Jahre arbeitetet Schultz an seinem Traum, jetzt nach 1 500 Arbeitsstunden und 40 000 Euro hat er ein neues »Lieblingshaustier« - eine »Schlange«.
Der Aufbau ging nicht ohne Schwierigkeiten. Besondere Probleme bereitet der Motor. So hatte einer der Vorgänger Schultzes, ein Bastler mit vielen Ambitionen, aber wenig Geduld, Schwungscheibe und Ausgleichsgewichte falsch montiert - erst ein Experte in Süddeutschland schaffte Abhilfe. »Sicherlich ist nicht alles rund gelaufen. Jetzt ist sie aber fertig.« Unterschiede zum Original sind marginal: Die Karosserie ist aus Glasfaser ver-stärktem Kunststoff anstatt aus Aluminium gefertigt, Jaguar-Achsen und zwei zentrale Rohre geben dem Grundgerüst der Rennmaschine zusätzlichen Halt. »Alles Dinge, die dem Laien nicht auffallen und dem Auto ein wenig mehr Fahrkomfort geben«, sagt Schultz. 25 Liter nimmt sich die Cobra bei »angemessener« Fahrt. Natürlich kein Auto für den Alltag. Das weiß auch Schultz. An Montag war er erstmals mit seiner Cobra beim Oldtimer-Treffen in Stift Quernheim. Erst die Ausstellung, dann die Tour durch den Kreis. 57 Kilometer über Enger und zurück. Gerhard Schultz hat das Motorsportfieber voll gepackt. Das nächste Treffen in Gütersloh ist schon fest eingeplant. Blicke sind ihm mit seiner »289er« sicher. Auch wenn viele Cobra -Fans eher das Nachfolgemodell, die »Cobra 427« bevorzugen, wird Schultz seinem Wagen treu bleiben. » Die 427 hat viel zu viel Schnickschnack. Ein Sportwagen muss das Wesentliche vereinen, ich will die Straße spüren.« Schultz lacht und drückt das Gaspedal voll durch. Gemessen wird in Meilen pro Stunde...

Artikel vom 06.05.2006