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Kirchenbilder erzählen von
Eitelkeit und Bilderstreit

Historiker stellt künftige Ausstellung in Herford vor

Von Hartmut Horstmann
Herford (HK). Waren das Zeiten, als Bürgermeister in Kirchen Kanzeln errichten ließen! Dass dies nicht uneigennützig geschah, sondern konfessionelle und politische Aussagen beinhaltete, zeigte der Historiker Dr. Gregor Rohmann mit einem Vortrag im Städtischen Museum. Veranstalter war der Verein für Herforder Geschichte.

Rohmann, Wissenschaftlicher Angestellter an der Uni Bielefeld, hatte sich mit Studenten um Aspekte der Herforder Kirchengeschichte gekümmert. Die Ergebnisse sollen in eine Ausstellung münden, die vom 25. Juni an in der Neustädter St. Johannis-Kirche und in der Radewiger Kirche St. Jakobi gezeigt wird.
In beiden Kirchen gibt es Parallelen, was Veränderungen anging. So kam es im 17. Jahrhundert zu groß angelegten Erneuerungen der Inneneinrichtung.
»Bilderstreit und Bürgerstolz«: Dieser Vortrags-Titel lässt bereits erahnen, worum es geht. Denn am Bild scheiden sich die Geister - wichtig in einer Zeit, in der die Konfessionen nebeneinander bestehen und kämpfen: Lutheraner, Reformierte und Katholiken. Rohmann. »An der Ausstattung der Kirchen erkannte man die theologischen Unterschiede, weil es dabei um den Kern des Glaubens ging, um den Weg zum Heil.« Für die Katholiken habe das Bild selbst Heil vermitteln können, für die Anhänger Luthers die Inhalte des Glaubens als Voraussetzung der Göttlichen Gnade. Eine radikale Position nehmen die Reformierten ein: »Für sie war jedes religiöse Bild ein Zeugnis von Götzendienst.«
Insofern ist die Neuausstattung der Kirchen ein Ausdruck des Sich-Abgrenzens den anderen Konfessionen gegenüber. Bis zum Aufstieg des Pietismus habe man lutherische Kirchen an ihrer besonderen Bildausstattung erkannt, so der Referent. Dies gilt auch für die beiden Herforder Kirchen.
Ein anderer Aspekt ergibt sich aus der gesellschaftlichen Rolle der Religion. Die Stadt des 16. Jahrhunderts sei eine Heilsgemeinschaft gewesen, hebt Rohmann hervor. Sie war immer zugleich politische Gemeinde und gemeinsam auf dem Weg zum Seelenheil.
Der Rat erhält so auch eine religiöse Komponente, was der Historiker an einigen Beispielen aufzeigte. Ein Ausdruck des religiösen Selbstverständnisses ist die Ratsempore Johannis. Auf der Westempore nahmen die Mitglieder des Herforder Rates ihre Plätze ein, an der Brüstung sind die Porträts von neun alttestamentarischen Königen zu sehen. Es handelt sich um Herrscher, die, sündig geworden, später den Weg zur göttlichen Gnade fanden. Was für einen lutherischen Pfarrer bedeutete: »Er konnte auf die Könige verweisen, wenn er der Gemeinde die lutherische Rechtfertigungslehre einschärfte.«
Und dann der Ort, von dem eine programmatische Aussage ausging: Ursprünglich war die Westempore Platz des Herrschers. Das ist jetzt anders: »Mit der Reformation hatte der Herforder Rat in den Pfarrkirchen der Stadt endgültig die Kontrolle übernommen.«
Andere Arbeiten wiederum ergeben sich aus dem Wirken der Bürgermeister, die unter anderem Kanzeln errichten ließen. Auch hier spielt die religiöse Verwurzelung neben der Eitelkeit eine Rolle. Bürgermeister Anton Brutlacht und seine Frau erhielten ein prächtiges Epitaph in der Jakobikirche. Zehn Jahre war er Bürgermeister, und der Kampf um den Platz in der Kirche gehörte zum politischen Machtspiel. Auf die Ausstellung am 25. Juni dürfen sich die Herforder freuen.

Artikel vom 06.05.2006