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Witziges Spiel mit  Klischees

Deutschtürke Kaya Yanar sucht nach der Identität

Von Thorsten Böhner
(Text und Foto)
Delbrück (WV). »Mein Name ist Kaya Yanar und ich bin ein Star!« Selbstbewusstsein hat er ja. Wen wundert's - ist er doch seit Beginn des Millenniums stets im Fernsehen präsent.

Seine »Welttournee durch Deutschland« führte ihn auch nach Delbrück - dorthin, wo die schönen Frauen noch »Mutti« heißen. Dieser Gag war übrigens einem Zuschauer vorbehalten. Ansonsten aber ließ es sich der Gastgeber nicht nehmen, die Pointen selbst zu zünden. Und siehe da: Manchmal fanden die sich geschickt verpackt auch in so manchem Nebensatz wieder.
»Was guckst du?« Der Ausspruch, den Yanar einst kreierte, prägt ihn heutzutage selbst. Ist er jetzt eigentlich Deutschtürke oder Türkendeutscher oder was? Und wenn er sich für ein Land entscheiden müsste? Das Für und Wider gilt es da abzuwägen. In diesen Breitengraden sind die Filme wenigstens synchronisiert, dafür kann man im Türkischen bessere Flüche ausstoßen. Doch verbindet beide Nationen, dass sie sich schon mal an den Österreichern die Zähne ausgebissen haben.»Du bist Deutschland!« Was soll so eine in nationaler Hinsicht gespaltene Persönlichkeit wie er davon halten? Doch eigentlich ist die Frage nach Kayas Staatszugehörigkeit überflüssig. Ein Multi-Kultureller wie er, der Mückenangriffe und Haiattacken im fernen Australien ebenso überlebt hat wie seine pubertären Grenzgänge beim strengen Vater - wer will so einem noch was? Yanar, in Liebesdingen ein Spätzünder, der erst mittels Tequila auf Touren kommt, kennt sich aus im (Liebes-)Leben. Anbaggern bei Frauen - was er eh nicht nötig hat - führt in eine Sackgasse. Nicht so sein Programm, das er mittels geschickter Dramaturgie steigert. Ein guter Comedian erfindet nicht die Themen neu, die uns bewegen - ob der Ärger mit Frau und Eltern, der Kater nach durchzechter Nacht, Verdauungs-oder Beischlafstörungen. Doch er setzt dabei seine eigenen Akzente. Yanars Markenzeichen ist die unablässige Bewegung von Mundwerk, restlicher Gesichtsmuskulatur und Füßen, mit denen er kontinuierlich die Bühne abschreitet. Wegezoll wäre da tödlich.
Doch stolpert er so gut wie nie - auch nicht verbal. Und wenn doch, wird aus der Not ein Zusatz-Gag gemacht. Eine weitere Stärke: Er spielt mit Klischees, doch sind seine Pointen nicht unbedingt vorhersehbar, weder bei dem Kabinettstückchen mit der toten Katze noch beim überraschenden Besuch der Schwiegereltern nach ausgiebigem Bohnengenuss. Er bedient den Humor seines Publikums zielsicher und weiß genau, wann er aufhören muss. Dann nämlich, wenn es am schönsten ist. Und wer weiß - vielleicht behält er von dieser Region mehr in Erinnerung als den schiefen Kirchturm, und seine nächste Tour verschlägt ihn wieder hierher.

Artikel vom 06.05.2006