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Ausschreitungen nach dem Derby

TuS-Fans von Chaoten mit Eiern beworfen und geohrfeigt - Schals in Brand gesteckt

Von Volker Krusche
Minden/Lübbecke (WB). Erst flogen Eier, dann gab es Backpfeifen und schließlich brannte noch ein Fan-Schal. Und was auch teuer wird: ein Auto wurde demoliert. Das 51. Derby, das sportlich in fairen Bahnen gelaufen war, nahm am Samstag außerhalb der Halle ein unrühmliches Ende. Etwa 20 Mindener Chaoten attackierten nach Spielschluss acht Fans des TuS N-Lübbecke auf dem Parkplatz vor der Kampa-Halle. Die herbeigerufene Polizei fragte nicht nach Übertätern, sondern erteilte allen Anwesenden sofort Platzverbot und trieb die Menge auseinander. Vier Nettelstedter Anhänger erstatteten daraufhin auf der Polizei-Wache Anzeige wegen Körperverletzung und Diebstahl.

Die beiden Tage nach dem Kreisduell waren in den Internet-Foren beider Vereine geprägt von den Ausschreitungen. Vorwürfe hier, Verteidigungsversuche auf der anderen Seite. Dass es sich bei den Übeltätern um Mindener »Fans« handelt, ist unbestritten. Das »Commando 1924«, der auch vom Alter seiner Mitglieder her jüngere Fan-Club der »Grün-Weißen«, wehrte sich anfänglich vehement gegen die Behauptungen, dass es sich bei den Randalierern um Personen aus seinen Reihen handeln würde, musste inzwischen aber erkennen, dass durchaus der ein oder andere mit von der Partie war. Laut Polizeibericht wurde ein 22-jähriger TuS-Fan geschlagen. Zudem wurde ihm der Fan-Schal gestohlen. Ein weiterer Mann erhielt einen Schlag an den Kopf, einem 17-Jährigen aus Lübbecke wurde in den Unterleib getreten. Als die TuS-Anhänger ins Auto stiegen, sei die Beifahrertür aufgehalten und dem Fahrer mehrmals ins Gesicht geschlagen worden.
In einem Beitrag auf der GWD-Homepage schildert ein Opfer seine Eindrücke: »Wir sind friedlich und mit geknickten Köpfen in Richtung Parkplatz zu unseren Autos gegangen. Auf einmal kamen zehn bis 15 Commandos an, beschimpften uns aufs Übelste und fingen an, uns mit Eiern zu bewerfen. Als wir fragten, was das solle - das Spiel sei ja schließlich zu Ende -, fingen sie an, uns die Schals abzuziehen und sie vor unseren Augen zu verbrennen. Etliche von uns haben einen Schlag abbekommen, woraufhin wir uns wehrten, uns umdrehten und ins Auto steigen wollten. Daraufhin wurden Eier auf das Auto geworfen. Wir haben die Polizei gerufen, die auch mit mehreren Einsatzwagen kam und allen einen Platzverweis erteilte. Uns riet sie auf die Wache zu fahren und dort eine kollektive Anzeige zu erstatten.«
Seitens der Vorstandes des »Commando 1924«, jener Fan-Gruppe in Minden, die maßgeblichen Anteil daran hat, dass die Stimmung in der Halle in den zurück liegenden Monaten um einiges besser wurde und für die man im Block A extra die Satzplatzschalen entfernte, distanzierte man sich sofort von den Ausschreitungen nach dem Spiel. Man missbillige generell jede Form der Gewaltanwendung und Sachbeschädigung. Sollte eines der Mitglieder an der Attacke gegen die TuS-Fans beteiligt gewesen sein, »muss es mit Konsequenzen rechnen.« Weiter heißt es in der Stellungnahme: »Niemand soll vier Jahre Arbeit und gute Stimmung durch sein Verhalten kaputtmachen.« Das »Commando 1924« hat auch sofort den Kontakt zum TuS N-Lübbecke gesucht und sich an dessen Fan-Beauftragten Helge Käding gewandt. »Eines steht fest: Leute, die Eier mit zu einem Handballspiel nehmen, sind von vornherein auf Krawall ausgerichtet, suchen Streit, sind gewaltbereit und wollen anderen Leuten schaden. Wer andere mit Eiern bewirft, will deren Sachen verschmutzen und riskiert eine Verletzung. Das Ganze war geplant und ist absichtlich passiert. Das hat nichts mit Sport zu tun. Diese Leute dürfen sich nicht Handballfans nennen und gehören in keine Handballhalle! In keine! Leute, die gegnerische Schals anstecken, sind ebenfalls keine Fans unserer Sportart. Es ist mir klar, dass nicht das gesamte Commando 1924 verantwortlich ist. Natürlich nicht. Aber es fällt auf den Verein zurück und der sollte sich dringend um rückhaltlose Aufklärung bemühen. Diejenigen, die sich durch ihre Äußerungen für das Verhalten ihrer Vereinskameraden schämen, haben verstanden, worum es geht. Alles Weitere wird sich in den nächsten Tagen nach Gesprächen mit den Verantwortlichen unseres Kreisnachbarn zeigen«, hieß es in einer ersten Käding-Stellungnahme. »Wir haben letztlich doch alle das gleiche Ziel: Unseren Verein zu unterstützen. Wir sind aber alle in erster Linie Fans der Sportart Handball. Und dort war es bislang immer so, dass sich die Fans untereinander gut verstehen und eben nicht »hassen«. Es gibt immer einige Leute, die ausscheren und der ganzen Sache schaden. Die muss man aussortieren bzw. ihnen den richtigen Weg zeigen. Mir ist vollkommen klar, dass ein kleiner Haufen an Chaoten den gesamten Ruf eines Vereins und deren wahrer Fans beschädigen kann. Mir ist auch klar, dass so etwas jederzeit auch bei uns passieren kann. Von daher ist es selbstverständlich, der Sache aufgeschlossen gegenüber zu stehen und das Problem gemeinsam anzugehen. Mir schwebt vor, gemeinsam die Haupttäter zu bekommen, denen sowohl in Minden als auch in Lübbecke ein befristetes Hallenverbot zu erteilen und die Schäden regulieren zu lassen.»
In einem Gespräch mit unserer Zeitung erklärte Helge Käding, übrigens Rechtsanwalt in Kirchlengern, dass man in dieser Sache absolut konsequent sein müsse. »Wir hatten auch mal so einen Fall. Um Unruhe zu vermeiden, haben wir sofort Hallenverbote ausgesprochen und die Sache damit im Keim erstickt. Die Vorkommnisse sind bitter für GWD, das zuletzt sportlich so erfreuliche Schlagzeilen produzierte, und bitter für das Commando 1924, das sich mit guten Aktionen in der Halle bemüht, die Stimmung zu fördern. Ich finde es gut, dass sich das Commando gleich gesprächsbereit gezeigt hat und sich mit uns treffen wird. Da merkt man, dass sie sich mühen und selbst darauf bedacht sind, etwaige Chaoten auszusortieren. Mir liegen inzwischen auch Namen der Randalierer vor.« Und Käding stellt eines ganz richtig fest: »Wenn wir diese Ausschreitungen nicht gemeinsam, also der TuS und GWD, aufklären, dann habe ich Angst, dass es beim nächsten Mal eine Gegenreaktion gibt. Und die müssen wir verhindern.«
GWD-Manager Horst Bredemeier befand sich gestern gerade mit Kiels Manager Uwe Schwenker auf dem Weg zu einer WM-Sitzung nach Dortmund, als er Stellung zu den Vorkommnissen nehmen sollte. »Wir sind informiert und werden schnellstens mit dem Vorstand des Commandos sprechen, um die ganze Angelegenheit in Ruhe zu analysieren. Eine Vorverurteilung des Commandos werde ich nicht vornehmen. Es sind einige Idioten, die Randale machen. Die müssen wir ausfindig machen - und zwar gemeinsam. Ich weiß, dass das Commando ganz andere Ziele verfolgt, als Attacken gegenüber gegnerische Fans. Gerade der Vorstand investiert viel Zeit und Geld in das Hobby. Aber alles nur, um der Mannschaft den Rücken zu stärken. Eines aber ist jetzt schon klar: Wir werden die Übeltäter finden. Und die werden auf jeden Fall Hallenverbot bekommen!« Indes ist aber auch sicher, dass die Polizei gegen die Übeltäter ermittelt.

Artikel vom 03.05.2006