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Künstler mit einer besonderen Detailtreue

Museum zeigt Zeichnungen von Fritz Adolphy - Vor 52 Jahren in Borgholzhausen gestorben

Borgholzhausen (Felix). Die zehn Zeichnungen schmücken die Deele des Heimathauses bereits seit einiger Zeit. Darstellungen von Borgholzhausen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Geschaffen hat diese detaillierten Momentaufnahmen der gebürtige Bielefelder Fritz Adolphy. Seine Tochter Erika besuchte jetzt zum ersten Mal die Ausstellung ihres Vaters, der vor 52 Jahren in Borgholzhausen starb.

»Wir hatten eigentlich in Berlin-Britz, in der Hufeisen-Siedlung, gelebt«, erinnert sich Erika Adolphy. Doch der Krieg zerstörte das Zuhause der Familie, die über Erfurt (»Dort kam meine Mutter Elfriede zur Welt und hatte noch Verwandte«) schließlich nach Borgholzhausen floh. »Der Bruder meines Vaters leitete hier die AOK-Geschäftsstelle«, erinnert sich die 70-Jährige.
Auf Grund der Wohnungsbewirtschaftung stand der Familie keine eigene Bleibe zu. »Wir lebten in zwei kleinen Zimmern im Obergeschoss des Hauses Freistraße Nummer 3 (heute Freistraße 18), das meinem Onkel gehörte«, weiß die Pädagogin noch um die beengten Verhältnisse. »Ich schaute immer gebannt zu, wenn mein Vater zeichnete«, gesteht Erika Adolphy, eine echte Vater-Tochter gewesen zu sein.
Mit Portrait-Zeichnungen der großen Höfe und Aufträgen für die Philipps GmbH, die technische Zeichnungen bei Fritz Adolphy anforderte, hielt der am 29. Februar 1873 in Bielefeld geborene Grafiker und Künstler sich und seine Familie über Wasser. »Er hat meistens gezeichnet, später auch mit Aquarellfarbe gemalt. Große Formate oder Ölmalerei indes waren nie sein Ding«, erzählt seine Tochter. Das lag vielleicht auch an der wirtschaftlichen Not: »Wenn wir Farbe kauften, wurde immer genau gerechnet«, erinnert sich Erika Adolphy, die durch ihren Vater auch »Sehen gelernt« hat.
Im väterlichen Betrieb hatte Fritz Adolphy das Maler- und Glaserhandwerk erlernt, bevor er die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf besuchte. Dort war er Schüler von Professor Enke und wurde Assistent des Direktors Peter Behrens, der ihn mit nach Berlin nahm. In der Hauptstadt arbeitete er einige Zeit als Assistent des Direktors der dortigen Kunstgewerbeschule, Professor Bruno Paul, bevor er sich ab 1911 selbstständig machte.
Für den Leipziger Insel-Verlag gestaltete Fritz Adolphy nach der Jahrhundertwende Einbände und Titelblätter der Übersetzungen großer Autoren wie etwa Oscar Wilde. Für den Steiniger Verlag portraitierte er 1938 »Deutsche Männer«. »Es hatte ihm aber immer mächtig gestunken, wenn er Generäle zeichnen sollte«, weiß Erika Adolphy, dass ihr Vater nicht auf der Seite der Nationalsozialisten stand. Seine technischen Zeichnungen für die Straßenbahnerfibel der Philipps GmbH oder für Linde-Tiefkühltechnik waren gefragt.
»Diese Detailtreue, die dort gefordert war, zeigt sich auch in den Portraits der heimischen Höfe, bei denen jedes Fensterkreuz stimmen musste«, erklärt Erika Adolphy, die heute mit ihrem Lebensgefährten Thomas Ruffmann in Kleve lebt. Und selbst in seinen Aquarellen lässt sich, neben den flächigen Anteilen, genau diese Detailtreue wiederfinden. Eine Mischung, die Betrachter immer wieder fasziniert.

Artikel vom 04.05.2006