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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (170. Folge):Ist Salzkotten eine Kreisstadt?


Salzkotten ist in unserer Region inzwischen zur Kreisstadt aufgerückt, gefolgt von Delbrück. In beiden Städten mit ihren jeweils neun Stadtteilen gibt es nämlich von Jahr zu Jahr eine Steigerung der Straßenkreisel. Bischofsstadt wurde Salzkotten 1945 nicht, weil der Erzbischof im zerstörten Paderborn blieb. Die Sälzerstadt (24500 Einwohner) hat jetzt die meisten Kreisel an Bundes-, Land-, Kreis- und Gemeindestraßen. Im Delbrücker Land (30105 Einwohner) drosseln Kreisel besonders an den Ortseinfahrten Autos.
Eine Kreisverkehrsanlage ist oft die passende Lösung. Hier muss man sich den Wartenden anschließen, sich zwar über unterlassene Blinkzeichen ärgern, aber übergangslos in die nächste Lücke einordnen. Wer im Kreis ist, hat Vorfahrt! Da hupen keine Hintermänner wie vor Ampeln. Da macht das Anfahren keinen üblen Krach!
Bis 1976 hatte die am meisten befahrene Paderborner Straßenkreuzung am Westerntor einen Kreisverkehr. Fünf Straßen mündeten auf den grasgrünen Kreis: Westernstraße, Bahnhofstraße, Friedrichstraße, Le-Mans-Wall (frühere Wilhelmstraße), Borchener Straße. Bis 1963 überquerten auch die Straßenbahnlinien ab Bahnhof die Insel im Schatten der Herz-Jesu-Kirche. Jugendliche spielten darauf abends übermütig Fußball. Lange hielt sich der Brauch, dass Paderborns Taxifahrer um Mitternacht zur Sternfahrt in Richtung Westerntor tourten und dort hupend im Kreisverkehr das neue Jahr begrüßten.
In den Niederlanden gab es auf »plattem« Land die ersten Kreisverkehre. Daran konnten sich auch deutsche Autofahrer rasch gewöhnen. Wer aber über den Ärmelkanal nach England wechselte und im Linksverkehr gleich hinter Dover in den ersten Kreisel geriet, war gut beraten, sich nach links zu orientieren und entsprechend einzuordnen.
Die Kreisverkehrsanlagen bieten sich im inneren Rund an für eine sinnvolle und den Verkehr nicht gefährdende Nutzung. Dem Charme des Wildwuchses kann man sich kaum entziehen. Aber auch die Gärtner haben diese Inseln im Verkehr ebenso im Auge wie Bildhauer. Es gilt, die leere Mitte zu nutzen, um den Verlust diese Straßenfläche wettzumachen. Heimatfreunde sind ebenfalls gefragt. Die Gestaltung muss aber so angelegt sein, dass sie Kraftfahrer im Kreisverkehr nicht ablenkt oder ihnen den Blick versperrt.
Der für den Kraftfahrer zunächst übersehene Kreisverkehr auf gerader Strecke birgt Unfallpositionen. Manche sind bereits geradeaus gefahren oder auf der »Insel« steckengeblieben. Der frühere Landrat Dr. Rudolf Wansleben hatte die Idee und ordnete an: Viele Lichtrückstahler in der Runde fordern zwischen Frankfurter Weg und Wewer Aufmerksamkeit und erfreuen wie eine bengalische Beleuchtung. Aber Straßenkreisel können auch zur Radar- und Blitzfalle werden. Wie in der Ferdinandstraße am Jahnplatz. Wer dort spontan aus dem Kreisel hinausschiesst, kann mit einem 25-Euro-Bescheid rechnen.
Was haben Politik und Kreisverkehr gemeinsam? Das Auto fährt in die Runde und an anderer Stelle wieder hinaus. Heimische Politiker, auch in den »Kreisstädten« Salzkotten und Delbrück, bewegen sich in der Diskussion oft im Kreis und müssen schließlich dort enden, wo sie in Debatten hineingekommen sind. Oder sie machen es einer Autofahrerin nach. Die, nicht unbedingt eine Blondine, fuhr am Jahnplatz 30 mal im Kreisel herum. Sie wurde gestoppt und nach dem Unsinn ihrer Kreisbewegungen gefragt. Sie wies auf das Verkehrsschild, auf dem drei Pfeile einen Kreis bilden. Und dann auf das Verkehrszeichen darunter: Eine 30 im roten Kreis!Georg Vockel

Artikel vom 03.05.2006