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Besondere Beziehung
zu Versmold entwickelt

Paul Spiegel besuchte oft Geburtsstadt seines Vaters

Von Heiko Johanning
Versmold (WB). Zu Versmold hatte Paul Spiegel immer schon eine besondere Beziehung. Nicht nur, dass sein Vater hier geboren wurde und ein Teil seiner Familie hier lebte - auch die Menschen dieser Stadt interessierten Spiegel. Das letzte Mal war der Präsident des Zentralrates der Deutschen Juden im November hier.

Am gestrigen Sonntag verstarb Paul Spiegel im Alter von 68 Jahren. Als der gebürtige Warendorfer (*31. Dezember 1937) im Jahre 1988 im Versmolder Rathaus im Rahmen der 50-Jahr-Feier zur Pogromnacht weilte, schilderte er seine Jugendzeit, in der es ihn hin und wieder auch nach Versmold, der Geburtsstadt seine Vaters - eines jüdischen Viehhändlers - zog. Hier lebte ein Teil der Verwandtschaft des kleinen Paul - bis sie in den Wirren des Holocaust ins KZ gebracht wurde und dort umkam.
Ein Jahr später war Spiegel erneut in Versmold, jedoch nicht in offizieller Mission. Im Rahmen der Unterrichtsreihe »Woche der Besinnung« unterhielt er sich 1989 mit Schülern des CJD-Gymnasiums über den Antisemitismus und seine Gefahren.
Unauslöschlich ist Spiegels Auftritt im Jahre 2000: Am 27. September enthüllte der frischgewählte Vorsitzende des Zentralrates der Deutschen Juden gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister Fritz Holtkamp das Erinnerungszeichen vor dem Rathaus, das an die im Dritten Reich ausgelöschten jüdischen Gemeindemitglieder Versmolds erinnert. Nach der Enthüllung las Paul Spiegel stumm die Namen seiner Verwandten, die im Erinnerungszeichen verewigt worden waren. 23 jüdische Bürger aus Versmold sind einer Dokumentation zufolge in Konzentrationslager verschleppt worden. Spiegel hatte bei seinem Besuch in Versmold auch nicht versäumt, vor allem der Jugend klar zu machen, dass man rechtsextremer Gewalt nicht gleichgültig und stumm gegenüber treten dürfe. Das letzte Mal weilte Spiegel im November 2005 in Versmold: In der Petri-Kirche las er aus seinem Buch »Was ist koscher? Jüdischer Glaube - Jüdisches Leben«. Pfarrer Christoph Grün, der manche Begegnung mit Spiegel hatte, bezeichnete ihn als »bedeutenden Mann der Zeitgeschichte, der freundlich, aber auch sehr bestimmt in seiner Linie auftrat, was die Stellung des Judentum anging. »In bin erschüttert über seinen Tod«, so Grün. Themen der Zeit

Artikel vom 01.05.2006