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Theater auf dem Theater

Nichts als Liebe, Lügen und Lampenfieber


Herford (HK). Zum Saisonschluss im Theaterring S3 am Samstag flogen die Fetzen. Kein Wunder, wenn dort beim Stück im Stück ein seit Jahren verkrachtes und getrenntes Schauspieler-Ehepaar aufgrund widriger Umstände wieder gemeinsam Theater spielen soll.
Aber was bleibt ihnen anderes übrig, wenn die Jahre an der Attraktivität zehren, die Angebote nur noch spärlich fließen und der halbwegs luxuriöse Lebensstandard beibehalten werden soll? Da fällt man schon mal auf ein abwegiges Angebot rein, zumal Agent (Erik Voß) und Regisseur (Michael Reimann) mit handfesten Flunkereien das zerstrittene Paar zum gemeinsamen Auftritt überreden. Theater auf dem Theater.
Aus »Liebe, Lügen, Lampenfieber«, so der Titel, setzt sich die leichte Komödie zusammen, die im Herforder Stadttheater vor ausverkauftem Haus über die Bühne ging. Neben dem üblichen Boulevardgezänke zwischen den Geschlechtern gab's einen Blick hinter die Kulissen der Theaterwelt und in die Seelen der vermeintlich erfolgsverwöhnten Akteure.
Gigi (Gaby Blum) und Hugo (Jürgen Roth), das verkrachte Schauspieler-Ehepaar, bringen ihren ganzen privaten Hass und Beziehungsfrust in das zu probende Stück »Die Unverbesserlichen« mit ein, und Regisseur Leon (Michael Reimann) ist beigeistert, wirkt doch die Darstellung dadurch unendlich authentisch, auch wenn er sich zwischen den beiden Zankhähnen manchmal wie ein Dompteur von zwei egomanischen Raubtieren fühlt. Realität und Bühnenfiktion verschmelzen zu einer plausiblen Einheit. Gut für das Stück. Indes, während der Proben kommen sich die beiden Hauptdarsteller langsam wieder näher, beginnen sogar zu turteln, und damit verliert das Stück im Stück seine Spannung, wird zur Harmonie umgemodelt. Der Regisseur tobt. Doch keine Sorge. Die vollkommene Harmonie zwischen Männlein und Weiblein ist reine Utopie; und so werden schon bald wieder die Fetzen fliegen , zum Wohle des zu probenden Schauspiels.
Josiane Balasko, die Autorin von »Liebe, Lügen, Lampenfieber«, ist in Frankreich selbst eine bekannte Schauspielerin, arbeitet in ihrem Stück Berufserfahrungen auf. Ihre Klischees allerdings, wie etwa die theatralischen Starallüren der Bühnenfigur Gigi oder die abgehobenen Eitelkeiten des gockelnden Hugo, wirken gestrig.
Spätestens seit sich Schauspieler pausenlos in Talkshows und Illustrierten-Homestorys ausbreiten, sind sie vom Sockel gestiegen, und das ist gut so. Das Detmolder Landestheater machte aus der kargen Vorlage Dank Regie (Andreas Lachnit) und Darsteller einen amüsanten Theaterabend. Helga Ruß

Artikel vom 01.05.2006