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Gänsemarkt vor Zusammenbruch

Geflügelerzeuger erhalten Tipps - Alarmsignale der Geflügelpest

Kreis Minden-Lübbecke (pjs). Die heimischen Geflügelerzeuger sorgen sich um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit ihrer Betriebe: Das wurde bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in Hiddenhausen deutlich, zu dem der Erzeugerring für Geflügel Minden-Ravensberg-Lippe eingeladen hatte. Im Mittelpunkt der Referate und Diskussionen standen die Geflügelpest und ihre möglichen Auswirkungen.

Mit Fotos und anhand von Legeleistungskurven zeigte Dr. Christel Gerth von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Betriebsinhabern auf, welche Alarmsignale auf einen möglichen Ausbruch der Geflügelpest hinweisen. So können die Betroffenen im Ernstfall schneller reagieren und die Behörden informieren. Bis heute sind nach Angaben der Referentin seit den ersten Ausbrüchen der Krankheit 1997 222 Menschen an diesem Virus erkrankt, alle im asiatischen Raum. 120 von ihnen seien gestorben.
Über die Folgen der angekündigten unbefristeten Verlängerung des Aufstallungsgebots informierte Dr. Michael Lüke, Geschäftsführer des Geflügelwirtschaftsverbandes Nordrhein-Westfalen. Dramatische Entwicklungen zeichneten sich am Gänsemarkt ab: Dieser werde unweigerlich zusammenbrechen, wenn das unbefristete Aufstallungsgebot aufrecht erhalten bleibe.
Betroffen seien aber auch die Freilandhalter von Legehennen: Am 12. Mai laufe die Zwölf-Wochen-Frist ab, innerhalb deren Freilandeier bei reiner Stallhaltung weiterhin als »Freilandeier« vermarktet werden dürfen. »Nach dem 12. Mai wird es demzufolge keine deutschen Freilandeier mehr geben, sofern das Aufstallungsgebot aufrecht erhalten bleibt.« Die Niederlande und Belgien hätten bereits erkennen lassen, dass das Gebot dort nicht verlängert werden solle. Freilandeier aus diesen Ländern würden somit in den deutschen Markt drängen: »Hier muss unbedingt eine Regelung im Sinne der deutschen Geflügelhalter her, sonst ist die heimische Erzeugung tot.« Viele Geflügelbetriebe stehen nach den Worten des Fachtierarztes Dr. Manfred Pöppel inzwischen bereits vor dem »Aus«.
Über neueste Entwicklungen bei der Suche nach geeigneten Impfstoffen gegen die Vogelgrippe informierte Dr. Wilhelm Priesmeier. Dabei beleuchtete der stellvertretende agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion auch den Aspekt, dass in den Nachbarländern Niederlande, Belgien und Dänemark wesentlich weniger mit Vogelgrippe infizierte Wildvögel entdeckt wurden als in Deutschland. Das sei vermutlich auf eine verstärkte Kontrolle hierzulande und die »deutsche Gründlichkeit« zurückzuführen. Experten hätten bereits die Vermutung geäußert, dass auch in den Nachbarländern häufiger Fälle bekannt würden, wenn denn intensiver gesucht würde. Auch in diesem Zusammenhang stelle sich daher die Frage möglicher Wettbewerbsnachteile, wenn Erzeugnisse aus diesen »weniger belasteten« Ländern demnächst auf den deutschen Markt drängten. Entscheidend für den Markt sei das Vertrauen der Verbraucher. Den Umsatzrückgang auf dem Geflügelfleischsektor bezifferte er mit rund 15 Prozent. Der Rest der Verbraucher scheine sich dagegen derzeit sicher zu fühlen.
Vorsitzender Ulrich Meier zu Evenhausen forderte in der Diskussion in diesem Zusammenhang mehr Rechtssicherheit und zugleich mehr Unterstützung aus Berlin. Die Kreistierärzte fühlten sich zurzeit von der Politik ebenso allein gelassen wie die Betriebsinhaber mit ihren derzeit großen Sorgen und Nöten.

Artikel vom 29.04.2006