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Schmerzfrei als
Wunschtraum

Vortrag bei Hospizgruppe Versmold

Versmold (ka). Möglichst viel Lebensqualität bis zum Ende - darauf hat jeder Mensch ein Anrecht. Auch Hospizpatienten mit chronischen Schmerzen. Welche vielfältigen Möglichkeiten der Schmerztherapie die moderne Medizin bietet, erläuterte Dr. Michael Hanraths, Ärztlicher Direktor am Klinikum Ravensberg, in einem Vortrag in der DRK-Seniorentagesstätte.

»Der Anspruch auf Linderung bei einer Schmerzbehandlung beträgt 90 Prozent«, beginnt Hanraths seinen Vortrag. Um diesen sehr hohen Anspruch zu erfüllen, sei Interdisziplinarität und das Zusammenwirken der verschiedenen medizinischen Fachbereichen gefragt. Am Anfang der Erstellung eines Therapiekonzepts stehe dabei die Schmerzanamnese, die Klärung der Frage, wo der Schmerz herkomme. Dies sei wichtig, um den Patienten richtig behandeln zu können.
Eingeladen hatte die Hospizgruppe Versmold und gekommen waren 40 Interessierte meist älteren Semesters. Sie erfuhren, dass die Mediziner dabei nach einem Stufenmodell der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorgehen. Dieses kategorisiert Schmerzen in leichte, mittelschwere und ganz schwere. Auch die Schmerzmittel werden kategorisiert: in Nicht- Opioide, leichte Opioide und schwere Opioide. Zu der ersten Gruppe gehören beispielsweise Aspirin und Voltaren, zu der letzteren, die unter das Betäubungsschutzgesetz fallen, Morphin. Alle sind verschreibungspflichtig und können sowohl einzeln als auch in Kombination verabreicht werden.
Hanraths erklärt, dass man bei der Einstellung der Dosierung mit den leichtesten Medikamenten anfange und schaue, wie der Patient reagiere. Häufig werde Schmerzfreiheit zum Preis nicht minder schmerzvollen Nebenwirkungen erkauft, wie der Chefarzt der Inneren Medizin zu bedenken gibt.
Für Hanraths muss ein Therapiekonzept folgende Kriterien erfüllen: »Es muss einfach, überprüfbar und verantwortbar sein und den Pfleger nicht überfordern.« Was theoretisch einfach klingt, ist praktisch oft schwierig umzusetzen. Das weiß auch der Mediziner und darin geht es in der anschließenden Diskussion. Da ist die Rede von noch fehlender Vernetzung und mangelnder Kommunikation zwischen Ärzten, Pflegern, Angehörigen und Patient.
Sterben gehört zum Leben. Diese Erkenntnis rückt mehr und mehr in den Vordergrund. Auch in der Region tut sich einiges. Seit 1990 gibt es Hospizarbeit im Kreis Gütersloh. Unabhängig voneinander haben sich in verschiedenen Orten Gruppen gebildet, die sich für einen würdevollen Umgang mit Sterben, Tod und Trauer einsetzen. Zu den jüngsten Hospizgruppen gehört die Versmolder. Sie besteht seit 2002 als Verein und hat derzeit 69 Mitglieder.
Hanraths bestätigt diesen Trend und berichtet von einer zunehmenden Zahl von niedergelassenen Schmerztherapeuten im ambulanten Bereich. Zudem sei das deutsche Betäubungsmittelgesetz vor zwei dahingehend geändert worden, dass es die Verschreibung von schweren Schmerzmittel erleichtere. Der Mediziner ist sich sicher, dass sich auf diesem Gebiet in den nächsten Jahren einiges tun wird.

Artikel vom 29.04.2006