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Zauberbücher mit Sommerduft

Kinder der Musik- und Kunstschule stellen in der Stadtteilbibliothek aus

Brackwede (ptr). Alte Bücher, die im Schrank verstauben und keiner mehr lesen will, brauchen nicht in den Müll zu wandern. Es bedarf nur etwas Phantasie und Kreativität, um daraus tolle Kunstobjekte zu gestalten. Anregungen gibt derzeit eine Ausstellung von Kindern der Musik- und Kunstschule Bielefeld in der Stadtteilbibliothek Brackwede.

Feste Vorgaben für die Umgestaltung der Bücher existieren nicht, entsprechend bunt und individuell präsentieren sich die Ergebnisse. Ob Malerei, Zeichnung, Collage, Schneide- oder Drucktechniken, es ist alles erlaubt, was Spaß macht und schön aussieht.
Die meisten der fünf- bis zwölfjährigen Kinder haben jede Seite ihres Buches mit einer anderen Technik umgestaltet. Wenn man die Kunstobjekte durchblättert, stößt man so von einem Sandbild direkt auf eine Seite, die mit eingeklebten Stoffen verziert ist, und wieder etwas später auf eine Collage, in der Bilder der favorisierten Pop-Gruppe verarbeitet wurden. Einige Seiten riechen dank Duftöl angenehm nach einer sommerlichen Blumenwiese, andere sind wiederum schlicht mit ein paar Nadeln zusammengeheftet.
Aus den meisten Büchern quillt ein Teil des Bastelmaterials an den Seiten heraus. Durch die zusätzliche »Füllung« sind sie außerdem oft viel zu dick und fächern sich daher automatisch auf. »Der Anblick gleicht einer Art Zauberbuch«, sagt Andrea Köhn, freischaffende Künstlerin, die gemeinsam mit ihrer Kollegin HelgaZumholte die Gruppe der Musik- und Kunstschule seit dem vergangenen Sommer betreut hat.
»Die Geschichte der Kunstbücher ist 100 Jahre alt«, sagt Köhn. Russische und italienische Futuristen hätten sich als erste an der Umgestaltung von alten Büchern versucht. Während der Arbeit am Thema »Das Buch als Kunstobjekt« haben die Kinder jedoch noch eine Reihe weiterer Arbeiten entwickelt, die ebenfalls in der Stadtteilbibliothek ausgestellt sind. Zahlreiche Bilder zum Thema Buch schmücken die Wände, auf zwei Extra-Tischen stehen Leporellos und Ton-Arbeiten.
Blickfang der Ausstellung ist jedoch eine lebensgroße Figur, die auf einem Hocker sitzt und liest. Catrin Hein und Paulina Meise haben sie aus Draht, Zeitungspapier und Pappmaché gebaut und »Frau Dr. Bücherwurm« getauft. Ein eigens angefertigter Steckbrief verrät viele weitere Vorlieben dieser Kunstfigur. Ihr Lieblingstier ist natürlich die Leseratte.
Katharina Günter, Leiterin der Stadtteilbibliothek, war von der Arbeit der Mädchen so begeistert, dass sie sich um eine Dauerausleihe bemühte. Nach etwas Zögern stimmten Catrin und Paulina zu. »Frau Dr. Bücherwurm« bleibt über das Ende der Ausstellung am 27. Mai hinaus in Brackwede.

Artikel vom 29.04.2006