28.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein durchgeknallter
Theater-Klassiker

Bernd Lafrenz spielt Shakespeares »Hamlet«

Von Jörn Petring (Text und Foto)
Hiddenhausen (HK). Man muss schon eine ganz besondere Beziehung zu Shakespeare haben, wenn man seit 25 Jahren seine Stücke zum Besten gibt. Nicht die Frage nach Sein oder Nichtsein, sondern die Frage nach Wahnsinn oder schauspielerischem Genie stellte sich das Publikum von Bernd Lafrenz, der seine eigene Version von Hamlet auf der Kleinkunstbühne der OPG Lippinghausen präsentierte.

Nach zwei Stunden komödiantischer Dramaturgie votierte das Publikum zum Genie. Dritter Aufzug, erste Szene: »Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage: Ob's edler im Gemüt, die PfeilÕ und Schleudern. Des wütenden Geschicks erdulden, oder, sich waffnend gegen eine See von Plagen, Durch Widerstand sie enden lassen. Sterben - schlafen - Nichts weiter! - und zu wissen, dass ein Schlaf das Herzweh und die tausend Stöße endet, Die unsers Fleisches Erbteil - Õs ist ein Ziel, aufs innigste zu wünschen. Sterben - schlafen - Schlafen! Vielleicht auch träumen!« Hamlets-Monolog, die in Shakespeare Originaldrama wohl bedeutendste Szene (der Prinz von Dänemark kreist zwischen Handlungsanweisungen und Selbstmordgedanken) ging bei Lafrenz mit ihrer tragischen Grundlage gänzlich unter.
Gespielt wurde nicht Drama, sondern Komödie. Shakespeares Hamlet, einmal durch den Wolf gezogen und mit völlig neuer Grundaussage wieder zusammengesetzt. Die so fernen, abgehobenen Protagonisten des Dramas will Lafrenz, der alle Figuren in einer Person vereint präsentierte, von ihrem hohen literarischen Sockel holen.
Dabei blieb es immer kurzweilig: Was das Original lange in Worten umschweift, stellte er, Vollblut-Schauspieler Bernd Lafrenz, mit einer einzigen Miene dar. Horatio, Mutter Gertrude oder Ophelia: Einen völlig neuen Eindruck hatten die Besucher der Kleinkunstbühne Hiddenhausen von den schillernden Persönlichkeiten Shakespeares nach der Interpretation von Lafrenz: morbid, neurotisch - einfach nur durchgeknallt. Besonders gelungen so auch die Darstellung des Narren Yorick. Eine Figur, von der in Shakespeares Werk also nur noch das Skelett übrig ist, nutzt Lafrenz als Erzähler und Kommentator der Geschichte. Der Narr, Komiker des Hofes erzählte ein Drama um Hamlet und betrunkene Könige. Lacher waren erwünscht und wurden geliefert.

Artikel vom 28.04.2006