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Gewalt hat viele Ursachen

»femina vita« legt Jahresbericht für 2005 vor - 262 Fälle bearbeitet

Von Curd Paetzke (Text und Foto)
Herford (HK). Die Gewalt gegen Mädchen und junge Frauen hat zugenommen. Diese (bittere) Bilanz zieht der Verein »femina vita, Mädchenhaus Herford« in seinem Bericht für das Jahr 2005. Die Mädchenberatungsstelle besteht bereits seit 1989. Zu schaffen machen der Einrichtung Mittelkürzungen auf kommunaler- wie auch auf Landesebene: Es fehlen aktuell 25 000 Euro.

»Dabei ist gerade in den vergangenen zwölf Monaten viel bewegt worden«, wie Ingrid Schneider, die Leiterin der Einrichtung, sagt. Mehr als 400 Mädchen und junge Frauen sowie psychosoziale Fachkräfte und Eltern konnten mit verschiedenen Präventionsangeboten im Kreis Herford erreicht werden. Dazu zählt auch ein bemerkenswertes Projekt an der Gesamtschule Friedenstal. Dort gibt es in den Klassen so genannte Mädchenbeauftragte, die als Ansprechpartnerinnen fungieren, wenn Probleme auftauchen. »femina vita« hält seither engen Kontakt zu den Mentorinnen und informiert regelmäßig über die Angebote der Beratungsstelle.
Ein Blick in die Statistik zeigt, dass im Jahr 2005 genau 262 Fälle bearbeitet wurden (251 waren es 2004), von denen nur 25 nicht abgeschlossen werden konnten. »Gewalt hat viele Gesichter«, schildert Sylvia Neldner. Die Diplom-Sozialpädagogin hat auch festgestellt: »Es gibt mehr soziale Härte, der Druck in der Gesellschaft wächst.« Das spiegelt sich auch in den Beratungs- und Therapieanliegen wider. Das Spektrum reicht von sexualisierter und physischer bis hin zu psychischer Gewalt. Sylvia Neldner ergänzt: »Auffällig war, dass Mädchen und junge Frauen vermehrt mit Problemen aufgrund ihres Migrationshintergrundes, selbstverletzendem Verhalten, Aufenthalt in der Psychiatrie und dem Wunsch, aus einem gewalttätigen Zuhause auszuziehen, zu uns kamen.« Doch sei der Auszug aus einer Familie, in der Gewalt vorherrscht, durch das Bundesgesetz Hartz IV erschwert worden: Das Gesetz sieht vor, dass Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr zu Hause leben müssen.
»femina vita« hat im Jahr 2005 auch den Migrationshintergrund der Mädchen und jungen Frauen erhoben: Dieser Anteil liegt zwischen 25 und 30 Prozent. »Diese Mädchen«, betont Ingrid Schneider, »leben oft in zwei Welten, das heißt, sie fühlen sich hin und her gerissen zwischen der Welt ihrer Familie und der Welt in Deutschland. Das führt nicht selten zu großen seelischen Belastungen.« Viele dieser Mädchen seien in der Familie physischer Gewalt durch Brüder, Väter oder Mütter ausgesetzt.
Noch eines lässt die Bilanz erkennen: Erstmals konnte »femina vita« 2005 mit drei Fachkraftstellen arbeiten - und das gewaltige Pensum gut schaffen. Die Hiobsbotschaft kam aber zum Jahresende: Der Kreis Herford bewilligte 15 000 Euro weniger und das Land NRW will 16 Prozent der Personalkosten kürzen.
Wer die wichtige Arbeit von femina vita in Herford unterstützen möchte: die Kontonummer bei der Sparkasse Herford (BLZ 49450120) lautet 1000545101. Telefonisch ist die Beratungsstelle unter 05221/50622 zu erreichen. Informationen gibt es auch im Internet: www.feminavita.de

Artikel vom 26.04.2006