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Bünder »Zigarre« kippt in Sekunden

45 Meter hohen Schornstein auf Diekmann-Gelände zum Einsturz gebracht

Bünde (hr). Innerhalb weniger Minuten war am Freitagnachmittag alles vorbei. Um 14 Uhr begannen die Vorarbeiten, um 14.09 Uhr fiel der 45 Meter hohe Schornstein auf dem Gelände der ehemaligen Firma Diekmann in die gewünschte Richtung und zerbrach in viele hundert Einzelteile. Damit gehört der markante Orientierungspunkt direkt neben dem Bahnhofsgebäude der Geschichte an. Zahlreiche Schaulustige hatten sich versammelt, um Zeuge des Spektakels zu werden.

»Den Schornstein fällt man genauso wie einen Baum - Keile bestimmen die Fallrichtung, mit einem Zugseil wird verhindert, dass der Schornstein zu stark ausschert.« Frank Pahlke weiß, wovon er spricht. Für den Vorarbeiter der Abbruchfirma Hagedorn aus Gütersloh ist es nicht das erste derartige Bauwerk, das er zu Fall bringt. »Wir haben schon Erfahrung damit gesammelt - obwohl diese Art der gemauerten Schornsteine immer seltener wird«, erklärte er. Eine Sprengung - diese Variante war anfangs im Gespräch - sei viel zu teuer. Sei der 45 Meter hohe Kamin erst einmal in Bewegung gesetzt worden, was ein Radlader mit dem Zugseil erreiche, dann falle er im Prinzip von alleine um. »Da das Einsatzgelände relativ groß ist, ist diese Form des Abrisses vollkommen ungefährlich.«
Erbaut wurde der Turm im Jahr 1886. »Er gehörte zur Zigarrenkistenfabrik Althage & Herbrechtsmeyer«, informierte die städtische Denkmalpflegerin Christel Tiemann. Im Firmengebäude wurden die Sägen mit Dampfkesseln betrieben, was den hohen Schornstein erforderlich machte. Althage & Herbrechtsmeyer zählte zu den ersten und größten Herstellern von Zigarrenkisten und Furnierholz in Bünde. Das 1871 gegründete Unternehmen stellte seinen Betrieb 1963 ein. Seit 1966 wurde das Grundstück der ehemaligen Kistenfabrik von der Getränkefirma Georg Diekmann genutzt, die dort ihre Niederlassung errichtete. Und was hat Firmeninhaber Gerhard Diekmann empfunden, als das Wahrzeichen zu Boden stürzte? »Wir haben den Schornstein bis zuletzt für unsere Heizungsanlage genutzt«, erklärte der Seniorchef, der gebannt und ein wenig gerührt zuschaute, als der Schornstein in Sekundenschnelle zu Boden stürzte .
Doch was geschieht nun mit den Resten des einst stolzen Bauwerkes? »Die Ziegel und sonstigen Mauerreste kommen in den Brecher, den wir hier auf dem Gelände stehen haben. Diese Maschine schreddert den Bauschutt gleich zu Schotter. Mit diesem Material wird dann noch auf dem Gelände der Untergrund verstärkt.« Der Schornstein erleidet somit das gleiche Schicksal wie die anderen Gebäude, die während der vergangenen Tage abgerissen worden sind. Auch sie wurden umgehend zu Schotter verarbeitet. Innerhalb weniger Wochen schaffen die Abbruchspezialisten aus Gütersloh so ein freie Fläche dort, wo einst die Hallen der Firma Diekmann standen.
Auf dem Gelände soll ein großes Einkaufszentrum entstehen, in dem sich unter anderem ein Elektronik- und Lebensmittel-Markt befinden werden (die BÜNDER ZEITUNG berichtete ausführlich).

Artikel vom 22.04.2006