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Immer höher
nach Norden

Tänzerin Carol zur Meisterschaft

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Foto)
Löhne (LZ). An der Deutschen Meisterschaft im orientalischen Tanz nimmt die Löhnerin Carol Coquet am kommenden Sonntag in Hameln teil. Es handelt sich um die Vorrunde zur Weltmeisterschaft eine Woche später in Moskau.

»Nur durch Herausforderungen kommt man vorwärts«, sagt die 41-jährige Inhaberin des Tanzstudios Yallabina an der Bahnhofstraße 43 in Obernbeck. Schon als sechsjährige Ballerina stand sie in ihrer Heimat in der Normandie auf dem Parkett. Ballett und Jazztanz beschäftigten sie auch während ihres Germanistikstudiums. Mit ihrem früheren Partner, Lehrer an deutschen Auslandsschulen, lebte sie im Libanon und in der Türkei. Der orientalische Tanz mit seinen tiefen Wurzeln in überlieferten Riten der Völker fesselte sie in Istanbul, wo sie ebenso wie in Ägypten, Jordanien und Syrien Unterricht nahm. Inzwischen gebe es auch in Deutschland viele gute Lehrer, sagt die Tänzerin. Sie bildet sich in Seminaren fort und unterrichtet selbst seit Jahren Gruppen auch im Bauchtanz. Dieser sei in den siebziger und achtziger Jahren zunächst in Süddeutschland populär geworden und »dann immer höher nach Norden«. Inzwischen sei das Interesse eher rückläufig, stellt die auch an Volkshochschulen tätige Lehrerin fest: »Die Vielfalt an Beschäftigungen ist so groß geworden.« Sie bedauert, dass viele Menschen den Bauchtanz nur von weniger guten Vorführungen unter anderem im Urlaubsland kennen: »Das hat viel geschadet, denn manche denken, das ist nur Gewackel. Aber in jeder Sparte gibt es gute und weniger professionelle Darbietungen.« Langjährige Erfahrung überzeugte Carol Coquet, dass beim Bauchtanz das Alter keine negative Rolle spielt: »Ausdruck und Sicherheit entwickeln sich.«
Eigentlich sei sie stets skeptisch gegenüber Turnieren gewesen, erklärt die Tänzerin: »Ich war nicht unbedingt dafür. Muss ich mich als Künstler benoten lassen?« Doch nun sieht sie auch eine Chance der Bestätigung. Außerdem liege Hameln vor der Tür. Dort richtet das Studio Bellabina zum zweiten Mal die Deutschen Meisterschaften im orientalischen Tanz aus. Beworben haben sich 20 Solo-Tänzerinnen und mehr als ein Dutzend Gruppen aus dem Allgäu und dem Ruhrgebiet ebenso wie aus dem Norden Deutschlands. Aus Vlotho ist die Gruppe Scherifa dabei. Carol Coquet, die gegenwärtig mit ihren Gruppen eine große Vorstellung im Herforder Theater vorbereitet, hat für ihren Auftritt am Sonntag in Hameln drei Tänze vorbereitet. Die Choreographie und die Beherrschung des Raumes, Stil und Harmonie, aber auch Kostüme und Requisiten spielen bei der Beurteilung eine Rolle. Nach einem den Tänzerinnen unbekannten Trommel-Solo werden die Bauchtänzerinnen gemeinsam auftreten, müssen durch eigene Kreationen überzeugen. »Da ist Spontaneität gefragt. Ich kenne zwar das Richter-Gremium nicht«, sagt die 41-Jährige, »doch einer der an der Vorbereitung des Wettbewerbs Beteiligten war mein Lehrer.« Dieser im Rheinland tätige und am Theater in Kairo ausgebildete Ägypter sei ein »superguter Tänzer« und genieße hohes Ansehen. Das bestärkte sie zur Teilnahme in Hameln.
Die drei Finalisten werden nach Moskau eingeladen. Schon eine Woche später vergleichen sich die Tänzerinnen bei der Weltmeisterschaft. Hier würde eine Teilnahme das finanzielle Budget der Löhnerin, Mutter von drei Kindern, sprengen, wie sie auf Anfrage einräumt. Wenn ihr jedoch die Ehre zuteil würde, ergibt sich vielleicht trotz der kurzen Frist eine Sponsorenschaft, überlegt die Künstlerin. »Wir würden uns dann auf jeden Fall mit einem großen Firmen-Auftritt bei einem Fest, vielleicht der Weihnachtsfeier, bedanken.«

Artikel vom 21.04.2006