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Eine Wellblech-Ju
rollt ins Museum

Per Tieflader nach Detmold

Von Rüdiger Kache (Text und Foto)
Paderborn (WV). Kaum zu glauben, dass so ein Koloss aus Wellblech mal das bequemste und schnellste Verkehrsmittel seiner Zeit war. Die »Westflug« Bad Oeynhausen nutzte die Junkers F 13 anno 1926 als Linienflugzeug im Seebäderdienst. Als nicht flugfähiger Nachbau ist sie ab Mitte Mai der Star im Freilichtmuseum Detmold.

Einige kräftige Männerhände waren schon vonnöten, als die von 32 Arbeitslosen in einem Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramm des Kreises Lippe nach historischen Zeichnungen aus dem Deutschen Museum angefertigte und am Airport Paderborn-Lippstadt frisch lackierte Junkers gestern auf den Tieflader für die Reise ins Freilichtmuseum Detmold gerollt wurde.
Die »Westflug« nutzte den Vorgänger der legendären »Tante Ju 52« für Passagiere und Fracht zwischen 1924 und 1929 und war damit einzige richtige ostwestfälische Fluggesellschaft vor dem Kriege. Für die vier Passagiere in den bequemen Ledersesseln (die beiden Piloten saßen weiterhin in dicke Fliegerkombis gehüllt im Freien) kein preiswertes Vergnügen: Fast ein Drittel eines Facharbeiterlohnes war schon für einen Rundflug fällig, und ein Ticket nach Sylt kostete das Zweifache einer Bahnreise dritter Klasse, betont der lippische Kreisarchivar Dr. Hansjörg Riechert. Unter seiner Regie wird am 16. Mai im Freilichtmuseum Detmold die Ausstellung »IkarusMaschinen. Luftfahrt in Ostwestfalen-Lippe« eröffnet.
Ebenfalls dort zu bestaunen und gestern auf die Reise geschickt: eine von Dr. Bernhard Dorenkamp in 1600 Arbeitsstunden bis ins Detail restaurierte flugfähige Bücker 181 »Bestmann« aus dem Jahr 1940, ein Schulflugzeug für deutsche Luftwaffen-Piloten. Paul Heggemann und Reinhard Molk schließlich konstruierten 1995 ein Sportflugzeug als Eigenbau, das ein Beispiel für ostwestfälischen Experimentiergeist um Luftfahrzeugbau widerspiegelt und den Kreis zwischen Junkers und Bücker in der Ausstellung schließen soll.
Weil die Tieflader nur langsam über die lippische Kreisgrenze rollen können, wurden die Nachtstunden zum Freitag ausgenutzt und Polizeibeamte als Begleitung eingesetzt.
www.luftfahrt-owl.de

Artikel vom 21.04.2006