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Ein peinlicher Fehler der KSK

Urteil gegen TSC Steinheim kann nicht sofort umgesetzt werden

Von Jürgen Drüke
Steinheim (WB). Mit sofortiger Wirkung sollte der TSC Steinheim vom Spielbetrieb der A-Liga ausgeschlossen werden. So hatte es die Kreisspruchkammer unter Vorsitz von Andreas Dreyer in Bad Driburg am Dienstagabend nach dreieinhalbstündiger Sitzung entschieden und verkündet. Doch der KSK war ein gravierender Fehler unterlaufen. Das allerdings ist den Herren an diesem Abend trotz entsprechender Nachfragen nicht bewusst geworden. Die Folge des Fehlers: Der TSC wird - zumindest vorerst - weiterhin Mitglied der A-Liga Höxter sein und um den Klassenerhalt kämpfen.

Grund der Verhandlung in Bad Driburg waren die Vorfälle während und nach dem Meisterschaftsspiel zwischen dem TSC Steinheim und dem SV Bredenborn (5:5) am Freitag, 31. März, (das WB berichtete in seinen Ausgaben am 3., 4. und 5. April). Drei TSC-Akteure wurden in der Schlussphase des Feldes verwiesen. Höhepunkt nach den 90 Minuten war eine Verfolgungsjagd. Schiedsrichter Helge Heinemann sollte auf der Kreisstraße zwischen Bergheim und Oeynhausen wahrscheinlich von einem TSC-Spieler zu einem Auffahrunfall provoziert werden. So führte es Zeuge Heinemann auch während der Verhandlung aus.
Der türkische Fußball-Club aus der Emmerstadt wird nach diesem denkwürdigen Dienstagabend, 18. April, so oder so in die Berufung gehen: »Wir werden uns einen namhaften Juristen suchen undziehen notfalls bis vor das DFB-Sportgericht«, so Geschäftsführer Murat Demirtas gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Zum Zeitpunkt dieser Kampfansage wusste er allerdings noch nicht, dass sein Verein die kommenden Partien austragen darf. Demirtas brachte seine tiefe Enttäuschung zum Ausdruck: »Hier wurde über uns gerichtet, ohne dass es eindeutige Beweise gegeben hätte. Das hat diese Verhandlung doch gezeigt.« Demirtas ging sogar noch weiter: »Dieses Urteil stand bereits im Vorfeld fest. Die Kreisspruchkammer ist vom Kreisvorsitzenden Hermann-Josef Koch beeinflusst worden. Wir werden nicht gleichberechtigt behandelt.«
Zum Hintergrund: Eine umgehende Umsetzung des Urteils erlaubt Paragraf 26 der Rechts- und Verfahrensordnung des FLVW Westfalen nur unter einer Bedingung: »Die Wirksamkeit der Entscheidung hätte mit einem sofortigen Beschluss der KSK festgestellt werden müssen«, erklärte Justitiar Dieter Ostertag vom Westfälischen Fußballverband in Kaiserau gestern auf eine entsprechende Anfrage des WB. Was für den Laien schwer verständlich ist, bedeutet: Der Kreisspruchkammer ist ein entscheidendes Versäumnis unterlaufen. Das Strafmaß bleibt zwar bestehen, kann aber nicht unmittelbar umgesetzt werden.
Somit war gestern, 16 Stunden nach Verlesung eines im Fußballkreis Höxter bis dato einmaligen Urteils, zumindest für eine Klarheit gesorgt: In der A-Liga wird es keinen Zustand der Unsicherheit geben. Denn wenn in nächster Instanz zu Gunsten des TSC entschieden worden sollte, hätten die abgesetzten Begegnungen mit TSC-Beteiligung nach Lage der Dinge nachgeholt werden müssen. Und das wäre wohl nicht mehr machbar gewesen. Die kommenden Gegner der Steinheimer wissen nun woran sie sind, sie müssen gegen den TSC antreten. Die Sache wird demnächst vor der nächsten Instanz, der Bezirksspruchkammer, verhandelt.
Die KSK bestrafte den TSC auch im Hinblick auf die kommende Saison: »Die Heimspiele müssen dann auf neutralem Platz ausgetragen werden,« so Vorsitzender Andreas Dreyer. Zudem muss der türkische Fußball-Club eine Geldstrafe von 300 Euro entrichten. Das Maß sei einfach voll gewesen, begründete Dreyer. In den vergangenen Jahren habe es immer wieder unrühmliche Vorfälle mit dem TSC gegeben, hatte der KSK-Vorsitzende die Skandalspiele vor der Urteilsberatung chronologisch aufgelistet. Kreisvorsitzender Hermann-Josef Koch stellte fest: »In den vergangenen Jahren hat es 21 Verfahren gegen den TSC und 136 Sperrwochen gegeben. Das ist unglaublich.« So stellte Koch, nachdem das Fass nun übergelaufen sei, den Antrag, die Steinheimer mit sofortiger Wirkung vom Spielbetrieb auszuschließen. Auf der Heimfahrt des Schiedsrichters hätte zudem Schlimmes passieren können. Die Kammer kam dem Antrag Kochs letztlich nach.
Mit Ünal Bozkurt und Bayram Tasci waren zwei beschuldigte TSC-Akteure nach ihren Aussetzern gegen Bredenborn vom Verein ausgeschlossen worden. Gegen sie konnte deshalb nicht verhandelt werden. Selhattin Tun erhielt für sein grobes Foulspiel eine Sperre von sechs Pflchtspielen.

Artikel vom 20.04.2006