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Haller Gleise im
Modellmaßstab

Junge Bastler lernen bei den Profis

Von Klaus-Peter Schillig
Halle (WB). Der zehnjährige Erik zeigt stolz, was er geklebt und bemalt hat. Die Struktur der grauen Steine ist genau zu erkennen, die Bögen passen exakt. Der kleine Bastler geht bei Jürgen Kalvari in die Lehre, baut mit an der Modellbahnanlage im Tresorkeller der ehemaligen Volksbank.

Erik Rettschlag ist einer von vier Jungen, die über die Volkshochschule in den Kursus des begeisterten Modellbauers gekommen sind. Auch Pascal Völz, Fabian Hanisch und Sebastian Rieker (alle 12 Jahre) sind regelmäßige Gäste im Keller, wo mit Netzen, Kleister und alten Zeitungsseiten Landschaften geformt werden, wo aus selbstgegossenen und gesägten Keramin-Platten Bahnsteige, Straßen, Mauern und Plätze entstehen.
Jürgen Kalvari und sein Freund Stefan Gerlach sind sozusagen die Ausbilder. Für die beiden Eisenbahn-Fans ist der Keller unter dem ehemaligen Modellbaugeschäft Schoregge eigentlich längst zu klein geworden. Sie haben deshalb schon eine zweite Ebene eröffnet. Vom Bielefelder Hauptbahnhof aus geht es über acht »Wendel« 60 Zentimeter höher, wo dann die viergleisige Hauptstrecke in Richtung Hannover beginnt - vorbei am Bahnbetriebswerk, das original aus den 70er Jahren nachgebaut worden ist mit samt Drehscheibe und Ringlokschuppen. Nach einer scharfen Kurve folgt dann das 3,80 Meter lange Viadadukt von Schildesche, wo auch ein ICE mal so richtig Schwung aufnehmen und einen langsameren Güterzug überholen kann. Hier haben die Jungs des Kurses schon richtig mit Hand angelegt. Das besteht nicht nur aus Kleben und Anmalen, Kleistern und Formen, sondern reicht hin bis zur Installation der Elektronik und der Steuerung über den Computer.
Kalvari und seine kleinen Bastler haben die Schnellfahrstrecke deshalb in die erste Etage verlegt, weil darunter schon im Sommer ein Stück Halle entstehen soll: der Gleisabschnitt zwischen Gerry Weber Stadion und dem neu gestalteten Bahnhof. Genau dabei werden sie dann lernen, worauf es ankommt: auf Phantasie und handwerkliches Geschick. Denn während der Wasserturm des Bielefelder Bahnbetriebswerkes noch von der Stange gekauft werden kann, muss der Haller Bahnhof komplett nach eigenen Plänen gebaut werden. »Ich will vermitteln, wie man sparen kann und dass man auch Naturmaterialien einsetzen kann«, hat sich Jürgen Kalvari vorgenommen.
Weil er natürlich mehr Züge beim Schaufahren im Einsatz hat als gleichzeitig auf der Anlage unterwegs sein können, hat er noch einen kleinen Nebenraum mit einbezogen. Hier steht jetzt der Computer, von dem aus das realistisch wirkende Geschehen auf den Schienen gesteuert wird, hier ist aber auch ein Schattenbahnhof entstanden. Hier können insgesamt sieben Güter- und acht Personenzüge geparkt werden.

Artikel vom 22.04.2006