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»Mehr als 400
Lehrstellen«

SPD stellt Antrag an den Kreistag

Detmold/Kreis Lippe (SZ). Mehr als 400 neue Lehrstellen will die SPD-Kreistagsfraktion innerhalb von drei Jahren schaffen. Diese sollen in Form von Vollzeitausbildungen an den vier lippischen Berufskollegs eingerichtet werden. Einen entsprechenden Antrag an den Kreistag legten die Sozialdemokraten jetzt vor.

Ê1700 lippische Jugendliche warteten bislang in diesem Jahr vergeblich auf eine Lehrstelle. »Diese Situation ist dramatisch. Das duale Ausbildungssystem ist gegenwärtig offensichtlich nicht in der Lage, den Bedarf zu decken. Wir müssen es deshalb um schulische Berufsausbildungen in Vollzeit ergänzen, um den jungen Menschen eine Perspektive zu geben«, begründet SPD-Fraktionschef Gerd Belz den Vorstoß. Ê
Dabei sei der SPD-Kreistagsfraktion durchaus bewusst, dass die öffentliche Hand nicht in der Lage sei, dauerhaft 400 Ausbildungsplätze mit Steuermitteln zu finanzieren. »Wir setzen deshalb darauf, die Berufskollegs an anderer Stelle zu entlasten«, erläutert Willi Nagel, schulpolitischer Sprecher der SPD. Zurzeit befänden sich viele Jugendliche an den Berufskollegs in wenig effektiven Warteschleifen und versuchten dort die Abschlüsse nachzuholen, die sie eigentlich bereits an Haupt-, Real-, Gesamt- oder Förderschulen erworben haben sollten. Mithilfe der Schulaufsicht soll nach Vorstellungen der SPD-Fraktion erreicht werden, dass die Schüler ihre Abschlüsse in der Regel tatsächlich schon in der Sekundarstufe I erhalten. Der spätere Abschluss an den Berufskollegs soll dann nur noch in Ausnahmefällen möglich sein.
Die SPD rechnet bei einem solchen Vorgehen mit freien Kapazitäten an den Berufskollegs. Diese könnten dann genutzt werden, um die neuen Vollzeitausbildungsplätze weitgehend finanzneutral einzurichten. »Realistisch erscheinen uns nach eingehenden Gesprächen mit den Schulleitern 150 neue Lehrstellen pro Jahrgang. Damit können wir bereits zum neuen Schuljahr 2006/07 beginnen. Bei einer dreijährigen Ausbildung wären das dann mehr als 400 Plätze«, verdeutlicht Nagel den Effekt einer solchen Maßnahme.
ÊDringenden Gesprächsbedarf sehen Belz und Nagel gegenüber den Kammern. »Die Berufsabschlüsse, die am Ende der dreijährigen Vollzeitausbildung an unseren Kollegs stehen, müssen natürlich auch von der Wirtschaft anerkannt werden. Nur dann sind sie für die Jugendlichen auch von Wert. Hier sehen wir die Kammern in einer gesellschaftlichen Verantwortung. Die Anerkennung der Abschlüsse - quasi wie ein Gesellenbrief - sollte der Wirtschaft auch deshalb möglich sein, weil die Vollzeitausbildung nicht die duale Ausbildung ersetzen soll. Sie ist und bleibt eine zusätzliche Maßnahme, die solange nötig sein wird, wie das herkömmliche Ausbildungssystem in Lippe offensichtlich überfordert ist.«

Artikel vom 21.04.2006