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Krachschläger
brauchen viel
Taktgefühl

Alte Tradition lebt heute auf

Von Marion Neesen(Text und Foto)
Upsprunge (WV). Wenn kurz vor Ostern am Gründonnerstag die Glocken nach dem Evangelium »nach Rom fliegen«, erwacht in vielen Orten ein alter Brauch zum Leben. Weil die Glocken schweigen müssen, übernehmen die Messdiener der Kirchengemeinden die Aufgaben des Läutens. Das jedoch nicht mit Glocken, sondern mit althergebrachten Kläppern.

Auch in Upsprunge wird diese Tradition seit Alters her gepflegt. In den Tagen vor Ostern haben die Messdienerinnen und Messdiener mit ihren »Krachschlägern« kräftig geübt damit an den Kartagen der Rhythmus stimmt. Im Hederquelldorf benutzen sie eine ganz bestimmte Kläpper. Einer, der diese »Instrumente« noch bauen kann, ist Georg Fecke. Es ist zwar schon eine Weile her, dass der 69-Jährige das letzte Stück für seine Nichte angefertigt hat, doch natürlich weiß er noch genau wie es geht; schließlich haben schon sein Großvater und sein Vater Kläppern gebaut. Kernstücke der Kläpper sind eine Walze mit Holzstiften und die Hämmer. »Das Gehäuse ist ein einfacher Kasten aus Fichtenholz oder Esche«, sagt der gelernte Tischler aus Upsprunge. Darin werden die Walze und die Hämmer angebracht. Durch das Drehen einer Kurbel werden die Holzstifte zuerst angehoben und schlagen dann wieder auf den Kastenboden, um ihr unverwechselbares Geräusch zu hinterlassen. »Man muss genau ausrechen, in welchem Abstand die Holzstifte auf der Walze angebracht werden, damit später der Takt stimmt«, sagt Georg Fecke und weiß natürlich, wovon er spricht. Als Kind hat er selbst gekläppert. »Damals haben die Leute genau hingehört und gleich gemerkt, wenn einer aus dem Takt kam. Schließlich hat ja fast jeder selbst mal gekläppert«, so Fecke. Meist gab es einen Oberkläpperer, der das Kommando hatte und entsprechende Zeichen gab. Die Upsprunger Kläppern können drei, vier oder fünf Hämmer haben. »Wenn einer ein bisschen schwächer war, dann hat er lieber nur drei Hämmer genommen«, sagt der Upsprunger. Die Hämmer müssen aus elastischem Buchen- oder Eschenholz gefertigt sein, damit sie nicht brechen. Wer als Messdiener keine Kläpper hat, leiht sich diese bei seinen Vorgängern. Eigentlich gibt es derzeit genug Kläppern im Dorf, weiß Georg Fecke. Doch wenn wirklich mal eine fehlt, kann auch Johannes Schilling diese traditionsreichen Instrumente noch bauen.
Am heutigen Karfreitag in der Früh werden die Kleppern zum ersten Mal im Dorf zu hören sein. Um 7, 12 und 18 Uhr erinnern sie an das Engel-des-Herrn-Gebet und rufen die Gläubigen zur Kirche.
»Das Schweigen der Glocken und somit die Stille sollen an den Tod Christi erinnern«, weiß Upsprunges Ortsheimatpfleger Norbert Schulte. Auch er erinnert sich noch genau an seine Zeit als aktiver Kläpperer. »Damals haben wir nicht nur im Dorf selbst, sondern auch in den Außenbereichen gekläppert«, so Schulte. Ins Wulfstal fuhren die Jungs damals mit dem Fahrrad und auch auf dem Hof Holtkamp zwischen Upsprunge und Flughafen wurde Krach geschlagen. »Und kräftig gesungen haben wir zwischendurch«, so Schulte, »das ÝOh Haupt voll Blut und WundenÜ - alle Strophen.«
Das Kläppern hatte für die Messdiener aber auch noch eine andere Funktion. Am Karsamstag zogen sie von Haus zu Haus und sammelten frische Eier, die später dann bei Bergschneider oder Lange verkauft wurden. »So verdienten sich die Messdiener ein bisschen Geld«, weiß Schulte. Auch heute noch wird gesammelt, allerdings geben die Leute heute Geld statt Eier.
Georg Fecke hat selbst leider keine eigene Kläpper mehr. »Die ist 1990 verbrannt, als unsere Tischlerei abgebrannt ist«, bedauert der Upsprunger. Einmal will er jedoch noch eine bauen. Die soll Enkeltochter Theresa bekommen, wenn sie, wie einst ihr Großvater, durch Upsprunges Straßen ziehen wird, um die Glocken so lange zu ersetzen, bis sie aus Rom zurückkehren.

Artikel vom 14.04.2006