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Heilig-Kreuz-Kirche
trotzte Bombenhagel

Ottbergener Gotteshaus vor 100 Jahren geweiht

Von Ingo Schmitz (Text)
und Harald Iding (Fotos)
Ottbergen (WB). Wenn an diesem Osterwochenende die Christen die Auferstehung des Herrn feiern, dann werden die Gotteshäuser im Kreis Höxter gut gefüllt sein. Viele der Kirchenbauten können auf eine bewegte Historie verweisen. Dazu gehört auch die Pfarrkirche Heilig Kreuz in Ottbergen, die vor 100 Jahren geweiht wurde.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung in Ottbergen wegen des Aufschwungs der Bahn enorm. Von 1867 bis 1919 stieg die Zahl der Einwohner von 501 auf 1190 an. Das machte sich auch in den Gottesdiensten bemerkbar, die damals von Pfarrer Alfred Eling zelebriert wurden: In dem damaligen Gotteshaus herrschte drangvolle Enge.
Vor diesem Hintergrund wollte der Kirchenvorstand die alte Kirche, die aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg stammte, grundlegend umbauen. Doch damit entflammte ein Konflikt zwischen der Gemeinde und dem Kultusminister: Die Ansichten darüber, wie die Erweiterung aussehen sollte, waren sehr unterschiedlich. Während die Gemeinde eine Verlegung von Chor und Altar nach Süden favorisierte, setzte der Kultusminister fest, dass der Bau nach Norden verlegt werden sollte -Êder Kirchenvorstand fügte sich. »So ist es den Kirchenbüchern zu entnehmen«, schildert der ständige Diakon der Gemeinde, Waldemar Dreker. Die Folgen dieser Entscheidung bekommt die Gemeinde noch heute zu spüren. Pfarrer Andreas Wilke: »Wir bekommen hier nur wenig Licht.«
Der radikale Neubau nach den Plänen von Architekt Mündelein aus Paderborn degradierte die alte Kirche zu einem kleinen Anbau am Neubau. Außerdem gab es für das Gotteshaus neue Altäre, eine neue Orgel, wunderschöne Fenster sowie kunstvolle Gitter, die Schlosser Strato aus Steinheim fertigte. 60 000 Mark kostete die Maßnahme. Die Gemeinde nahm einen Kredit von 30 000 Mark auf. Aus Spenden kamen 7000 Mark zusammen. Wilke: »Für die Kirche war in Ottbergen die Spendenbereitschaft immer groß.«
Bischof Wilhelm II. Schneider aus Paderborn nahm am 6. Mai 1906 die Konsekration (Weihe) der Pfarrkirche vor. 1909/10 wurde der Kirchsaal mit sehr filigraner Malerei versehen. »Die Gestaltung erinnert sehr an die Buchmalerei«, beschreibt der Seelsorger die Kunstwerke auf den Mauern.
In den folgenden Jahrzehnten trotzte das Gebäude den Kriegswirren. Selbst am 22. Februar 1945, als in Ottbergen ein Bombenhagel nieder ging und fast 100 Menschen tötete, blieb die Heilig-Kreuz-Kirche nahezu unbeschädigt. Massiv war der Eingriff, der 1971 vorgenommen wurde: Der Innenraum wurde weiß gestrichen -Êdie Malerei verschwand.
Bei der grundlegenden Renovierung 1987/88 holten die Maler die übergemalten Verzierungen wieder ans Tageslicht. 1994 stattete der Ottbergener Orgelbauer Sauer das Gotteshaus mit einer neuen Orgel aus. Sie verfügt über sage und schreibe 26 Register. »Die Organisten schätzen das Instrument sehr«, weiß Andras Wilke.
Eine der letzten Investitionen galt der Glockenanlage. Sie wurde 2004 komplett restauriert. Und auch im vergangenen Jahr gab es viel Arbeit: Das Gotteshaus musste wegen Reparaturarbeiten mehrere Monate geschlossen werden.
An das 100 Jahre zurückliegende Ereignis der Kirchweihe will die Gemeinde nun erinnern. An dem Gedenktag (6. Mai) wird es eine Vorabendmesse geben. Das eigentliche Jubiläum wird dann am Samstag und Sonntag, 20. und 21. Mai, im Rahmen eines Pfarrfestes gefeiert. Auftakt ist am Samstag mit einem Orgelkonzert. Zum Pontifikalamt am Sonntag werden Weihbischof Paul Consbruch und der ehemalige Ottbergener Pastor Wigbert Hesse (1974 bis 98) erwartet.
Doch bevor es soweit ist, wird an diesem Wochenende zunächst die Heilig-Kreuz-Kirche der Ort sein, wo am Samstag um 21 Uhr die Feier der Osternacht beginnt. Nach dem Gottesdienst findet im Pfarrheim die Osterfeier des Pfarrgemeinderates mit Brot, Wein und Eiern statt.

Artikel vom 14.04.2006