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Anna Jarvis machte
ihr Versprechen wahr

Seit 1914 gehört ein Tag im Jahr den Müttern - weltweit

Als »Erfinderin« des Muttertages gilt die Amerikanerin Anna Jarvis. Sie wurde als neuntes von elf Kindern am 1. Mai 1864 in Webster in West Virginia geboren.
In der botanischen Fachsprache heißt die Nelke »Dianthus«. Das leitet sich ab von dios = Gott und anthos = Blüte.
Annas Mutter, Ann Marie Jarvis, war Lehrerin, später Hausfrau und ein aktives Mitglied der Kirchengemeinde. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, einen Tag zu organisieren, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf Armut und gesundheitliche Zustände in ihrem Heimatort während und nach dem Bürgerkrieg zu lenken. Außerdem strebte sie mit diesem Tag eine Aussöhnung der beiden Kriegsparteien nach dem Ende des Bürgerkrieges an. Sie dachte, der Tag werde am besten durch Mütter repräsentiert und nannte ihn »Mothers' Work Day«.
Als kleines Mädchen half Anna ihrer Mutter gerne im Garten, in dem hauptsächlich weiße Nelken wuchsen, die Lieblingsblumen ihrer Mutter - sie widmete sie später allen Müttern. Oft hatte sie ihre Mutter dort sagen hören, sie hoffe, jemand würde eines Tages einen Gedenktag für alle lebenden und verstorbenen Mütter einführen.
Ein Ereignis blieb ihr in diesem Zusammenhang besonders im Gedächtnis. Es geschah während eines Gebetes, das Ann Marie Jarvis in Gegenwart ihrer damals zwölfjährigen Tochter vor deren Schulklasse sprach. In der Schulstunde war es um die Rolle der Mütter in der Bibel gegangen, und zum Abschluss sagte Mrs. Jarvis: »Ich hoffe, es wird eines Tages einen Gedenktag für die Mütter geben, an dem ihnen für ihren beispiellosen Einsatz gedankt wird. Sie haben es verdient.« Anne vergaß diese Worte nie, und am Grab ihrer Mutter hörte ihr Bruder Claude, wie sie die Worte wiederholte und versprach: »...bei der Gnade Gottes, Du sollst diesen Muttertag bekommen.« Damals hieß es allerdings, Annas Trauer sei besonders groß gewesen, weil sie und ihre Mutter sich gestritten hatten und die Mutter starb, bevor es zu einer Versöhnung kommen konnte.
Anna verwendete viele Jahre dazu, die Muttertagsbewegung auf den Weg zu bringen und nach Kräften zu unterstützen. 1914 schließlich wurde der zweite Sonntag im Mai von dem amerikanischen Präsidenten Wilson zum »Muttertag« erklärt. Und Anna Jarvis machte es sich, je älter sie wurde, zur Aufgabe, sich vehement gegen die zunehmende Kommerzialisierung dieses Ehrentages zu wehren - ohne Erfolg.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie damit, ihre kranke Schwester Lillie zu pflegen. Nach deren Tod 1944 lebte sie alleine. Ihre Gesundheit verschlechterte sich jedoch zunehmend, so dass ihre Freunde sie drängten, in ein Altenheim umzuziehen. Dort starb sie am 24. November 1948 im Alter von 84 Jahren kinderlos, blind und völlig mittellos. Sie wurde auf dem West Laurel Hill Friedhof in Philadelphia neben ihrer Mutter beigesetzt - begleitet von 84 Glockenschlägen. Die Kosten für ihren Heimaufenthalt waren übrigens - ohne, dass Anna Jarvis es wusste - von der von ihr bekämpften Blumenbörse bezahlt worden.

Artikel vom 05.05.2006