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Siemshofer
ehren ihren
ersten Pfarrer

Erinnerung an Theodor Fliedner

Von Reinhard Kehmeier
(Text und Fotos)
Löhne-Mennighüffen (WB). Besonderer Jubiläumsdaten gedenkt die evangelische Gemeinde Siemshof, die bald 50 Jahre alt wird. Anfang Mai jährt sich der Geburtstag des ersten Pfarrers zum 100. Mal.

Im Gottesdienst am Sonntag, 7. Mai, wird die Gemeinde an das langjährige Wirken ihres ersten Pfarrers Karl Theodor Fliedner erinnern. Im Anschluss an die Feier soll ein Blumenstrauß auf seinem Grab niedergelegt werden.
Karl Theodor Fliedner wurde am 4. Mai 1906 geboren. Er starb im Alter von 77 Jahren am 28. April 1984. Mit Einrichtung des zweiten Pfarrbezirks in Mennighüffen war Fliedner 1931 zum ersten Pfarrer berufen worden. Mehr als 34 Jahre lang war er bis 1965 in Mennighüffen tätig, seit 1957 in der selbstständigen Kirchengemeinde Siemshof. Der Neubau der Heilandkirche ist mit seinem Namen eng verbunden. Dieter Kemena, der 26 Jahre dem Presbyterium angehörte, und Oskar Wolf, Mitglied des Männerkreises, erinnern sich gut an den engagierten Gründer der Siemshofer Gemeinde. Immerhin gehören beide von Kind auf dem CVJM an, und wurden beide von Pastor Theodor Fliedner konfirmiert.
»Er war eine Persönlichkeit im alten Sinne, wo Pfarrer und Lehrer Leiter der Gemeinde waren«, erzählt Oskar Wolf. »Trotz seiner Strenge hatten wir keine Angst«, sagt Dieter Kemena. »Viele Lieder und Sprüche waren damals zu lernen, mehr als heute im Unterricht. Er dauerte damals drei Jahre und fand zweimal in der Woche statt. Wir hatten großen Respekt vor dem Pfarrer. Wir haben auch viel gemeinsam unternommen.«
Fliedner widmete sich als Jugendpfarrer der Landeskirche Rheinland und Westfalen ganz besonders der Jugendarbeit, unter anderem bei Freizeiten auf Borkum. Das auf die Zeit des jungen Pastors Schmalenbach zurückgehende Krellfest auf Kösters Hof ein zentraler, jährlicher Treffpunkt der singenden, musizierenden und spielenden Jugend. Unter anderem hiervon ist in einer kleinen Schrift die Rede, die in einer Auflage von 2000 Exemplaren mit dem Gemeindebrief an alle Haushalte verteilt worden ist. Verfasser ist der Pfarrerssohn Dr. Eckhard Fliedner, Mediziner aus Hamburg. »Es ist die erste zusammenhängende Darstellung seines Lebens für uns alle in der Gemeinde«, sagt Oskar Wolf, »immerhin hat sich die Hälfte der Gemeinde verändert, unter anderem durch Zuzüge und die Neubaugebiete in Ostscheid, so dass viele ihn nicht mehr kennen.«
Karl Theodor Fliedner wurde in Bethel/Bielefeld als Sohn des Pfarrers Karl Fliedner und seiner Frau Henriette, geborene Katterfeld geboren.
Der Urgroßvater Theodor Fliedner galt als Gründer und Erneuerer der Diakonie in Deutschland, Großonkel Fritz Fliedner Gründer des Evangelisationswerkes in Spanien. Seine Mutter stammte aus einer baltischen Pastoren- und Gelehrtenfamilie, so wird Großonkel Ludwig Katterfeld als der »baltische Bodelschwingh« bezeichnet. Die Schulzeit erlebte Fliedner wegen der verschiedenen Pfarrstellen des Vaters in Herford, Posen und Schleswig. Nach seinem Theologiestudium in Bethel, Tübingen und Münster begann 1930 das Vikariat in Bielefeld. Zudem war er als Hauslehrer bei der Familie Kissler in Oberbehme tätig und leitete in dieser Zeit den Chor in Löhne-Ort. Er nahm 1931 an der Einweihung der Notkirche in Mennighüffen-Ost teil, »ohne zu ahnen, dass er wenig später in dieser Gemeinde eine Anstellung finden würde«, wie sein Sohn schreibt. Durch den Superintendenten Niemann aus Herford wurde Karl Theodor Fliedner am 3. Dezember 1931 ihn sein Amt eingeführt. Er galt als ein »gewaltiger Prediger«, wie immer wieder berichtet wurde und sich heute noch Mennighüffener erinnern. Fliedner sprach von der »minden-ravensbergischen Fülle« in der übervoll besetzten Notkirche. Drei Jahre später unterschrieben fast alle konfirmierten Gemeindemitglieder den Anschluss an die Bekennende Kirche.
Den Weltkrieg erlebte der Pastor bei einem Nachrichten-Regiment in Polen, Frankreich und Russland. Nach Kriegsende wurde die Planung für den Kirchbau wieder aufgenommen und durch Pastor Fliedner zielstrebig verfolgt.
Eine Stiftung der Eheleute Brinker, Eigentümer des Siemshofes, ermöglichte die Gemeindegründung. Die Entstehung des Namens wird auf den Vorbesitzer von 1680, Simon Homburg, zurückgeführt. »Siems« ist eine Ableitung aus dem Plattdeutschen.

Artikel vom 13.04.2006