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Dreieckstisch holt Schüler aus dem »PISA-Tal«

Paderborner Entwicklung soll den Unterricht flexibler machen - Hersteller sitzt in Holland

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Paderborn (WV). Das »flexible Klassenzimmer« soll deutsche Schüler jetzt aus dem »PISA-Tal« holen.

Auf Rollschienen verschiebbare Wandtafeln und Leinwände sowie beliebig kombinierbare Einzeltische sorgen nach Überzeugung von Mitarbeitern des Paderborner Lehrerausbildungszentrums (PLAZ) für eine entspanntere Lernsituation, die den Schulunterricht für Lehrer und Schüler angenehmer macht. Clou des modernen Klassenzimmers ist ein Dreieckstisch, der von dem Paderborner Privatdozenten Dr. Wilfried Buddensiek entwickelt und zur Marktreife gebracht worden ist. Das simple Schulmöbel erweise sich in der praktischen Arbeit als regelrechter Tausendsassa.
»Mein Tisch, der hat drei Ecken«, könnte Buddensiek in Anlehnung an ein bekanntes Volkslied triumphieren. Das von ihm entwickelte stapelbare Schulmöbel besteht aus einer dreieckigen Kunststoffplatte mit abgerundeten Ecken auf drei Stahlbeinen, von denen eines mit einer Rolle ausgerüstet ist. »Der Tisch lässt sich so auch von Grundschülern einfach im Raum verschieben«, erklärt der Kulturwissenschaftler.
Flexibilität ist nämlich Trumpf in seinem Klassenraumkonzept. So müsse der herkömmliche Frontalunterricht verstärkt durch teamorientiertes Arbeiten in Kleingruppen ersetzt werden. Seine Tischform ermögliche nicht nur die unterschiedlichsten Gruppen-Kombinationen, sondern beschere auch jedem Schüler mehr Platz. In einem normalen Klassenraum mit 63 Quadratmetern Grundfläche und einer Klassenstärke von 28 Schülern verfüge ein Kind bei der üblichen Reihen-Anordnung nur über 65 Zentimeter Ellenbogenfreiheit und einen halben Quadratmeter Bewegungsfläche. Setze man in demselben Raum je vier Kinder an seine zu einem Quadrat zusammengeschobenen Einzel-Dreieckstische, so erhöhe sich die Ellenbogenfreiheit auf 110 Zentimeter, die Bewegungsfläche werde verdoppelt.
Der von Buddensiek in Paderborn entworfene Schultisch ging im September 2004 in die Erprobungsphase. »Wir hatten zunächst erhebliche Schwierigkeiten, den Tisch bei Möbelherstellern anzubieten«, erzählt der Designer. Jetzt wird das Möbel in Holland produziert - mit Erfolg, wie Buddensiek betont. »In Ostwestfalen-Lippe gibt es ungefähr 25 Schulen, die wir schon mit diesen Tischen und den zugehörigen Stühlen ausgerüstet haben«, berichtet Annegret Wegener, Geschäftsführerin der Bielefelder Einrichtungsfirma »Objektum«. In Herford wurde sogar erstmals ein Schulneubau optimal auf die neuen Tische ausgerichtet: Die Klassenräume sind sechseckig.

Artikel vom 14.04.2006