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»Die Fleißigen und Ehrlichen sind die Dummen«

Hans-Hermann Gockel, ehemaliger Volontär des HERFORDER KREISBLATTES, beschreibt Situation Deutschlands

Kreis Herford (-gl-). »Die Politiker lassen ihr Land im Stich und ihre Menschen«. Diesen Vorwurf richtet Hans-Hermann Gockel, TV-Journalist SAT.1/N24, in seinem Buch mit dem provokativen Titel »Deutschland - die überstrapazierte Nation« an die Politik. Dabei zieht er auf mehr als 200 Seiten schonungslos eine Bilanz jahrzehntelanger Fehlentwicklungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Hans-Hermann Gockel, der sich vor 30 Jahren für den Journalismus entschied, sein Volontariat beim HERFORDER KREISBLATT und anschließend als Redakteur beim HERFORDER KREISBlATT und WESTFALEN-BLATT tätig war, ist ein Vollblut-Journalist: »Es gibt keinen schöneren Beruf, jeden Tag kommt etwas Neues auf einen zu.«
Während seiner jahrelangen Fernsehtätigkeit als Nachrichtensprecher bei SAT.1 und als Dokumentator bei N 24 hat der Autor Fehlentwicklungen in der Politik verfolgt. »Wir hatten andere Vorstellungen von einer Einwanderungsgesellschaft. Heute müssen wir sagen: So geht es nicht weiter. Wir werden eine Gesellschaft bekommen, in der Menschen auf Grund ihrer Chancenlosigkeit nur noch eine Chance sehen: Gewalt.« Dieses Zitat der Berliner Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) wertet Gockel als Offenbarungseid der Politik. Die Volksvertreter beklagen Zustände, die sie selbst zu verantworten haben.
Informativ und provozierend zugleich, detailliert recherchiert, frech und flott geschrieben vermittelt der Fernsehmann in seinem Buch zunächst einen schonungslosen Ist-Zustand dieser Nation: Die Zuwanderung in die sozialen Netze lässt nach seinen Worten unsere Sozialsysteme kollabieren. Lehrer verzweifeln. Der öffentliche wie private Wohlstand schmilzt. Die öffentliche Ordnung ist auf dem Rückzug. Selbstsucht und Raffgier unserer Eliten untergraben das Gemeinwesen.
»Herford ist leider überall« widmet er ein Kapital der Werrestadt. Dort, wo er selbst beruflich tätig war, sei mit dem von Frank O. Gehry entworfenen Museum MARTa und weiteren Gebäuden rund herum sehr viel Schönes entstanden. Erschrocken sei er jedoch gewesen, als er die Keimzelle der Stadt, ihr Herz, betreten habe: Der Stadtteil Radewig sei tot, jedes zweite Geschäft stehe leer, nur eine türkische Teestube und ein Wettbüro seien gut besucht gewesen. In vielen Fenstern habe »Zu vermieten« gestanden.
»Politiker, die die Gesetze, unsere Verfassung und unsere kulturellen Werte in ihren Reden immer häufiger nur noch als ÝSpielregelnÜ bezeichnen, nach denen die Bürger zu leben hätten, dürfen sich nicht wundern, wenn immer mehr Menschen Foul spielen, die Schwächen dieses Staates ausnutzen. Die Fleißigen, die Ehrlichen und Gutmütigen sind die Dummen«, schreibt Gockel Klartext.
Sein Fazit: Deutschland hat nur noch eine Chance. Diese überstrapazierte Nation muss wieder zu sich selbst finden. Mit Mut und Entschlossenheit und dem Besinnen auf die eigenen Werte. »In Frankreich haben die jungen Menschen gegen das Aufweichen des Kündigungsschutzes protestiert. Mit Erfolg. Auch in Deutschland müssen die Menschen gegen die Verarmung auf die Straße gehen, sich nicht alles vom Staat gefallen lassen«, ist sich der TV-Journalist sicher.
Sein Buch »Deutschland - die überstrapazierte Nation« ist am 24. März im Resch Verlag erschienen und kostet 13,90 Euro. In der Anwaltspraxis Wolfgang Meier in Bünde, zu dem Gockel seit Jahren freundschaftliche Verbindung pflegt und der ihm den Titel rechtlich geschützt hat, erzählte der TV-Moderator über seine Bewegunggründe, dieses Buch zu schreiben und zu veröffentlichen.

Artikel vom 13.04.2006