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Auf Tuchfühlung
mit »Lehmi und Toni«

36 Ferienspielkinder besichtigen »Werther Klinker«

Werther (dh). Mit den Klinkersteinen, die im Werk der Firma Feldhaus in Werther Jahr für Jahr vom Band gehen, könnte man eine Spur bis nach Paderborn legen oder die gesamte Bielefelder Innenstadt pflastern. Im Rahmen der Ferienspiele im AWO-Kinder- und Jugendhaus Funtastic haben gestern 36 Kinder verfolgt, wie die Klinker hergestellt werden.

Unter dem Motto »Eine Abenteuerwoche mit Lehmi und Toni« setzen sich die Jungen und Mädchen in diesen Tagen mit den Rohstoffen Lehm und Ton auseinander. Höhepunkt ist neben dem Besuch des Klinkerwerks an der Ziegelstraße ein Tagesausflug zum Westfälischen Industriemuseum »Ziegelei Lage« am Donnerstag.
Doch bevor die Jungen und Mädchen morgen in die Historie eintauchen, erfuhren sie gestern, wie heute Ziegel hergestellt werden. Zahlreiche Erdhügel lagern auf dem Betriebsgelände - Erde aus Bünde, Bramsche, Ibbenbüren und sogar aus Häger. Pro Woche fahren etwa 50 Lkw vor, nach einer bestimmten Rezeptur werden die verschiedenen Erdtöne gemischt - je nachdem, wie der Klinker aussehen soll.
Das Werther Klinkerwerk wurde vor etwa 150 Jahren gegründet. Nachdem es in den 80er Jahren Konkurs anmelden musste, wurde es von der Firma Feldhaus Klinker aus Bad Laer übernommen. »Seit zwei Jahren stellen wir nur noch Pflasterklinker her«, erklärt Betriebsleiter Christoph Brune. Das Geschäft mit den Mauerziegeln habe sich nicht mehr gelohnt.
180 Tonnen, etwa 50 000 Klinker, gehen in der Fabrik täglich vom Band, das sind 30 Millionen Steine im Jahr.
Doch bevor aus der Erde Klinker werden, wird sie in einem so genannten »Koller« ordentlich durchgesiebt. Damit die Steine beim Brennen keine weißen Stellen bekommen, wird dem Ton Bariumcarbonat zugemischt. Höchstens drei Tage darf dieses Gemisch im Fertigmateriallager aufbewahrt werden, dann muss es wegen des Sauerstoffs in der Luft verarbeitet werden. Derzeit lagern in den Hallen Material für etwa 20 000 Steine - da durften die Kinder einmal zugreifen und testen, wie sich gesiebter Ton anfühlt. Bevor aus der Masse in der Vakkumkammer mehrere Meter lange, rechteckige Blöcke geformt werden, wird sie erneut durchsiebt.
Mit einem Draht werden aus den Blöcken Klinker geschnitten. Auf dem Förderband geht's zunächst in den Vorwärmer und dann in Richtung Ofen. Ordentlich heiß ist es in dem 100 Meter langen Tunnelofen: Mit Hilfe von 150 Gasbrennern, die rund um die Uhr laufen, wird das Rohr mit einem Durchmesser von 1,4 Metern auf 1 100 Grad aufgeheizt. »Ich behaupte, dass die Ziegelei mehr Energie verbraucht als der Rest des Ortes«, sagt Christoph Brune und räumt ein, dass die Gaspreiserhöhung auch der Fabrik ganz schön zusetzt. Mehrere Millionen Euro gehen nach seiner Schätzung pro Jahr für Gas drauf.

Artikel vom 12.04.2006