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Kollektive Schelte für
Sälzer FDP-Fraktion

Antrag der Liberalen erntet harsche Kritik

Von Marion Neesen
Salzkotten (WV). Die Sitzung war längst zu Ende, doch die Diskussionen gingen weiter - im Sitzungssaal, auf den Rathausfluren und sogar noch auf dem Parkplatz. Ein Antrag der FDP-Fraktion im Salzkottener Bau- und Planungsausschuss hinterließ offenbar einen denkwürdigen Nachhall unter den Kommunalpolitikern.

Wie berichtet hatte die FDP-Fraktion kurzfristig in Sachen Nahversorger für den Salzkottener Osten eine Bauvoranfrage eines Geseker Investors als ihren Antrag zur Sitzung nachgereicht. Darin gibt sie der Hofstelle Drüke an der Wewelsburger Straße als Standort den Vorzug vor den Planungen an der Tudorfer Straße. Das traf in keiner Weise den Geschmack der Mandatskollegen, und FDP-Fraktionsvorsitzender Christoph Sonntag fing sich damit harsche Kritik ein. »Ich bin seit 36 Jahren kommunalpolitisch aktiv, aber einen solchen Antrag habe ich noch nie gehabt«, störte sich Robert Kemper (CDU) vor allem an der politischen Vorgehensweise der FDP. »Was ist das überhaupt für ein Antrag? Ist er von einer Fraktion oder ist das eine maklerische Tätigkeit? Welches Interesse liegt hier vor und mit welchen Verfahrenstricks wird hier gearbeitet?«, wunderte sich Kemper, dass die FDP sich auf diese Weise für einen Investor einsetzt. Hier könne man als Kommunalpolitiker ganz schnell in einen Interessenkonflikt geraten. »Da bringt man sich in Verdacht«, so Kemper weiter.
»Das ist nicht mehr ganz koscher«, schlug Josef Hoffmeister (UWS) in die gleiche Kerbe. Der Antrag sei nahezu maklerisch von der FDP vorbereitet, so dass man fragen müsse, ob Herr Sonntag mit der Firma »verbandelt« sei. Ebenso bemängelte der UWS-Chef, dass hier am Bürgermeister vorbei gearbeitet werde. »Wenn wir für Salzkotten arbeiten wollen, können wir so nicht vorgehen. Da ist das Maß überschritten«, schimpfte Hoffmeister und erklärte weiter, »wir Ratsmitglieder sind schließlich auch nicht blöd. Hier ist kein Nahversorger, sondern ein Einkaufszentrum geplant.« Er habe da noch eine Menge Fragen an den FDP-Chef, sagte Hoffmeister.
Christoph Sonntag, selbst nicht Mitglied im Bau- und Planungsausschuss, musste die Schelte von der Zuschauertribüne aus über sich ergehen lassen, nahm aber gestern Stellung. Der Vorwurf, wirtschaftliche Eigeninteressen zu verfolgen, sei unverschämt und »der offensichtliche Versuch der politischen Einschüchterung der FDP«, so Sonntag. Das Projekt »Drüke« sei eine Idee der FDP, die zur Umsetzung irgendeinen Investor und Betreiber gesucht und gefunden habe. Es liege im ureigensten Interesse seiner Partei die eigenen Ideen und Vorstellungen auch politisch zu unterstützen. Rückendeckung bekam Sonntag auch von Parteikollegin Brigitte Kesternich: »Offenbar kann sich die CDU gar nicht mehr vorstellen, dass sich Ratsmitglieder aus reinem Idealismus heraus noch engagieren, so dass die Christdemokraten sich ein derartiges Engagement nur mit Eigennutz erklären können.«
Nur mit dem jetzt von seiner Partei gestellten Antrag sei es möglich gewesen, dass die Bauvoranfrage nicht erst in zwei Monaten diskutiert würde, so Sonntag, der eine Beschleunigung des Verfahrens für geboten hält. Ebenso erinnerte Sonntag daran, dass ursprünglich auf dem Gelände der Holzhandlung Claes ein deutlich größerer Lebensmittelmarkt sowohl von der CDU als auch der Verwaltung noch im Jahr 2004 befürwortet worden sei. Das jetzt auf den Weg gebrachte Projekt an der Tudorfer Straße sei zudem aufgrund der städtischen Subventionen politisch nicht zu begründen.
Bürgermeister Michael Dreier zeigte sich gestern auf Anfrage »sehr verwundert« über die Vorgehensweise der FDP. Die Verwaltung sei in keiner Weise eingebunden gewesen. Selbst beim Städte- und Gemeindebund habe man so etwas noch nie erlebt, sagte Dreier. »Das zerstört die Kultur im Stadtrat«, so Dreier. Hier sei die FDP einen Schritt zu weit gegangen. Der umstrittene FDP-Antrag wurde indes auf Antrag von Betty Keuper (CDU) zur Beratung zurück in die Fraktionen verwiesen.

Artikel vom 12.04.2006