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Kirchenwand birgt Geheimnis

Bei Fugensanierung: Handwerker entdeckt alte Flasche mit Schriftstück

Steinhagen (anb). Münzen hat er ja schon häufiger entdeckt. Kronkorken auch. Aber als Frank Ostholthoff am vergangenen Freitagmittag einem Stein im südöstlichen Strebpfeiler der Dorfkirche löst, da staunt er nicht schlecht. Das Mauerwerk gibt eine Flasche frei. Und die ist nicht nur wohl 100 Jahre alt, sondern hat auch eine ungewöhnliche Form und birgt einen geheimnisvollen Inhalt: ein zusammengefaltetes Papier.

Die Fugensanierung der Steinhagener Kirche, eigentlich eine ganz unspektakuläre Sache, ist ungeahnt spannend geworden. Denn natürlich darf nun gerätselt werden über den Fund: Was mag auf dem Schriftstück stehen? Haben sich die Arbeiter, die 1901/1902 das Querschiff der Kirche bauten, mit Namen darauf verewigt? Berichten sie vielleicht sogar über den Bau? Oder ist alles nur ein Jux, den sie sich mit einer Bier- oder Limonadenflasche erlaubt haben? Diese Fragen stellt sich jedenfalls Steinhagens Küster Horst Bartelniewöhner, dem der junge Maurer der Riesenbeker Firma Varrelmann Anfang der Woche seinen Fund übergab.
Unangetastet, wohlgemerkt. »Natürlich platze ich vor Neugier«, sagt der 23-Jährige. Aber so einfach ist die Flasche auch nicht zu öffnen, und die Bergung des Papiers verspricht - wenn man das weiße Glas denn nicht zerstören will - eine diffizile Angelegenheit zu werden, die nicht nur den Einsatz einer Pinzette, sondern auch viel Fingerspitzengefühl erfordert. Und deshalb hat sich auch Horst Bartelniewöhner noch nicht an den Korken herangetraut, sondern erst einmal mit dem Archiv des Landeskirchenamtes Bielefeld Kontakt aufgenommen. »Aber auch dort wusste man auf Anhieb und nur per Telefon keinen Rat zu erteilen«, schildert er. Nun: Er wird sie öffnen - und berichten.
Doch zurück zur Flasche und ihrem Versteck. Schon der kompakte Glaskörper sieht ein wenig merkwürdig aus, hat nämlich einen verengten Hals. Und auf diesem ruht eine kleine Glaskugel. Zumindest, was sie betrifft, hat der junge Maurer schon recherchiert: »Die Kugel sollte verhindern, dass im Sommer Insekten in die Flasche hineinfliegen konnten«, erläutert er.
Hinter einem sogenannten Hebelstein hat Frank Ostholthoff das Fundstück entdeckt. Hebelsteine, das sind, wie ererklärt, jene Teile des Mauerwerks, die zunächst ausgespart blieben. »Als man noch keine Gerüste vor der Fassade aufstellte, da ließen die Arbeiter Lücken im Mauerwerk und setzten Kanthölzer ein, auf die sie Planken legten, um sich so in die Höhe arbeiten zu können«, erklärt der Handwerker. Die Löcher wurden dann später mit Mörtel - oder eben Hinterlassenschaften für die Nachwelt - aufgefüllt. Bei der derzeit stattfindenden Sanierung kratzen die Mitarbeiter die 100 Jahre alten Fugen aus und lösen auch die alten Hebelsteine, um sie wieder ordentlich zu befestigen.
Nun sieht der junge Mann mit Spannung der »Bergung des Schatzes« entgegen. Fortsetzung folgt . . .

Artikel vom 12.04.2006