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Ende für die
Hörster Post

Kaufleute lehnen Vertrag ab

Von Hans-Heinrich Sellmann
Halle (WB). Karin und Heinrich Schwabedissen warten nur noch darauf, dass die grau-gelbe Ladentheke endlich abgeholt wird. Für die Inhaber des »Hörster Marktes« ist das Thema Post beendet, bevor es überhaupt begonnen hat. In dem Lebensmittelgeschäft und damit in ganz Hörste gibt es keine Poststelle mehr.

»Das tut uns leid und ist auch sehr schade für die Hörster. Aber auch die arbeiten sicherlich nicht umsonst«, sagt Heinrich Schwabedissen. Am 1. März hatte das Ehepaar den Laden im Herzen des Haller Ortsteils wieder eröffnet. Während Vorbesitzer Kenan Özkan alle Dienstleistungen der Post angeboten hatte, müssen die Kunden nun darauf verzichten. Auch zum Leidwesen der Kaufleute. »Zu diesen Bedingungen konnten wir den Vertrag nicht unterschreiben«, erklärt Karin Schwabedissen.
Die Post habe für die Vergütung drei Arbeitsstunden pro Woche (6 Tage) zu Grunde gelegt und 121 Euro pro Monat geboten. »Die haben das tatsächlich damit begründet, dass man sich ja um die Post kümmern kann, wenn man sonst gerade nichts zu tun hat«, sagt Heinrich Schwabedissen. Was in einem kleinen Einzelhandelsbetrieb zu Stoßzeiten los ist - morgens oder nachmittags nach 16 Uhr, sei den Entscheidungsträgern der Post offenbar völlig unbekannt.
Obendrein enthielt das vorgelegte Vertragswerk weitere Passagen, die den Schwabedissens ebenfalls übel aufstießen. »Bei einem kleinen Schnupfen sollte ich mich sofort krank melden und ein Attest vorlegen. Wenn ich länger als 14 Tage krank bin, sollte ich schon zum Vertrauensarzt der Post. Und wenn wir mal Urlaub machen wollen, müsste das auch mit der Post abgestimmt werden«, zählt Karin Schwabedissen auf. Selbstständigkeit sieht für die Kaufleute anders aus. »Ein bisschen mehr Entgegenkommen seitens der Post wäre nett gewesen.«
Zumal sich die Schwabedissens selbst um die Fortführung der Stelle gekümmert hatten. Ihre Tochter wollte auf 400-Euro-Basis einsteigen, wurde aber abgelehnt. »Sie hat sogar Vorkenntnisse und wollte nun wieder arbeiten. Stattdessen werden ihr Knüppel zwischen die Beine geworfen«, sagt die Mutter. Auch die Nachbarn sind alles andere als glücklich über das Verhalten der Post. »Für das Geld würde ich das auch nicht machen«, sagt Horst Goldbecker. »Für Werbung geben sie Millionen aus und hier fehlt es an ein paar hundert Euro im Jahr.«
Briefe- und Postkartenschreiber lässt der Hörster Markt aber nicht im Stich. Briefmarken gibt's in Zukunft an der Kasse und der gelbe Kasten vor der Tür bleibt hängen.

Artikel vom 12.04.2006