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Interessant, aber schwach besucht

Dietrich-Bonhoeffer-Tag endet mit zehn Besuchern - Reihe über Theologen dauert an

Steinhagen (el). Stark gestartet ist die evangelische Kirchengemeinde in den Bonhoeffer-Tag am Samstag. Zwei Vorträge, viele Gespräche und ein Ausflug zur Bonhoeffer-Glocke leiteten eine ganze Reihe über den Pfarrer, Lehrer und Märtyrer ein, die noch bis zum 19. April dauert. Bleibt nur zu wünschen, dass die Reihe nicht vom gleichen Schicksal wie der Auftakt betroffen ist. Denn der endete schwach.
Selbst recht streitbar, vermittelte Dieter Stork als Pfarrer im Ruhestand, was Bonhoeffers Theologie auch heute noch für Perspektiven für die Zukunft der Kirche bietet.

Schwach besucht, aber keineswegs uninteressant war der Bonhoeffer-Tag. Pfarrer Ulrich Melzer und Heinz-Jürgen Luckau zeigten sich enttäuscht. Denn von 75 Interessierten, die sich von 11 Uhr an bei einem Vortrag des Pfarrers im Ruhestand, Dieter Stork, über das Leben Bonhoeffers informiert hatten, blieben nach dem gemeinsamen Mittagsmahl nur wenige übrig. Ganze 15 Personen erklommen den Glockenstuhl des Kirchturms und nahmen hier die Bonhoeffer-Glocke in Augenschein. Vor allem Küster Horst Bartelniewöhner berichtete, wie diese Glocke zum Gebet ruft und daher besonders in der Gemeinde Steinhagen präsent ist.
Beim anschließenden zweiten Vortrag von Irmgard Schäfer war der Schwund dann noch größer: Nur noch zehn Zuhörer lauschten der Kombination aus Vortrag und Lesung, in deren Mittelpunkt ein Überlebender des Konzentrationslagers Flossenbürg stand, dem Lager, in dem Bonhoeffer sein Leben ließ. Vittore Bocchetta hat als italienischer Künstler aus Verona seine Erinnerungen an diese Zeit vielfältig verarbeitet, unter anderem auch in einem Buch.
So gab gerade dieser Bericht ganz neue Eindrücke. Denn Irmgard Schäfer machte gemeinsam mit ihrem Ehemann Karl-Heinz und ihren Mitstreitern Christel und Rolf Grote vom Verein »Freundeskreis Vittore Bocchetta non dimenticare« aus Detmold die Umstände des Widerstandes deutlich. Sie rollten dabei nicht nur die politische Situation auf, sondern vermittelten auch Hintergründe über den Alltag im Konzentrationslager, die bislang weitgehend unbekannt waren. So entstand ein eindrückliches Bild von den Umständen, in denen ein Großteil von Bonhoeffer's bekanntesten Schriften entstand.
Und diese Schriften, so hatte Dieter Stork ausgeführt, gäben noch immer wichtige Perspektiven auch für heute und für die Zukunft der Kirche. In den Abriss des Lebens Bonhoeffers streute der Pfarrer, der zuletzt als Schulreferent im Münsterland tätig war, deshalb immer wieder Einschübe zur Theologie des Widerständlers sowie zu deren Entstehen. Gerade die Botschaft vom Frieden müsse aktiv von den Christen vertreten werden, meinte er. Dazu sei es auch nötig, dass sich die Kirche zurückbesinne auf die zwei Aspekte, die auch Bonhoeffer als grundlegend ansah: Beten und Gerechtigkeit. In ihnen liege auch der Schlüssel zum »religionslosen Christentum«, das Bonhoeffer so wichtig war. Ein Christentum nämlich, das im einzelnen Menschen, seinem Handeln und Leben begründet sei und nicht in religiösen Begriffen.

Artikel vom 10.04.2006