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Heilpflanzen in
Wort und Bild

Ausstellung rund ums Kräuterbuch

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Kreis Paderborn (WV). Den Heilpflanzen und Kräutern widmet das Kreismuseum in der Wewelsburg in den nächsten vier Monaten sein Augenmerk.

Im Mittelpunkt der Sonderausstellung »Pflanzenkunde im Mittelalter«, die an diesem Sonntag (11 Uhr) eröffnet wird, steht das um 1450 geschriebene Kräuterbuch des Münchner Arztes Johannes Hartlieb. Aus dem Museum Moyland im Kreis Kleve konnte dafür eine wertvolle handschriftliche Kopie aus dem Jahr 1470 entliehen werden. Sie enthält 172 Texte über Pflanzen sowie Tiere und Mineralien, denen heilende Wirkungen zugesprochen wurden. Jeder Textseite ist eine ganzseitige farbige Illustration des entsprechenden Objekts gegenüber gestellt.
»Die Handschrift entstand in einer Schreibstube, in der der Text diktiert wurde und wo es im Gegensatz zu den klösterlichen Skriptorien wesentlich hektischer zuging«, erläutert Museumsmitarbeiterin Karin Stelte. Dadurch seien einzelne zum Teil auch sinnentstellende Fehler in der Handschrift zu erklären.
So habe der Schreiber »Heincz Lung« bisweilen absurde Rezeptanweisungen gegeben, die offensichtlich auf Hörfehler zurückzuführen seien. Statt mit »Kleie« solle sich der Ratsuchende bei gewissen Erkrankungen »mit Knien« waschen oder den Lauch »messen« statt »essen«. Auch dem Buchbinder seien Fehler unterlaufen. So passten Text und Illustration nicht immer zueinander. Teilweise ins Jiddische transkribierte Texte des »Moyländer Kräuterbuchs« deuteten darauf hin, dass das Buch zeitweise einem jüdischen Arzt gehört habe.
Erst am Freitag wurde das wertvollste Stück der Schau, das allein einen Versicherungswert von 400 000 Euro hat, aus der klimageschützten Transportkiste in den abgedunkelten Ausstellungsraum geschafft - mehr als 50 Lux darf das Licht nicht haben, wenn es auf das sorgsam in einer Vitrine verschlossene 550 Jahre alte Papier trifft. Im benachbarten Turm aber können Besucher nach Herzenslust in dem Buch stöbern - dort liegt eine Faksimile-Ausgabe zum Blättern bereit. Die schönsten Illustrationen wurden zudem für die Ausstellung reproduziert. Ergänzt wird die Schau über das heilkundliche Wissen in der Antike und im Mittelalter um weitere Originalschriften aus Bibliotheken in Düsseldorf, Münster, Detmold und Paderborn.
Als Schirmherr der Ausstellung konnte der bekannte WDR-Moderator Jean Pütz (»Hobbythek«) gewonnen werden. Er kommt am Samstag, 6. Mai (15 Uhr), zu einem Vortrag mit Gesprächsrunde zum Thema »Ist gegen alles ein Kraut gewachsen?« in die Wewelsburg. Außerdem wird am 21. Mai ein historisches Kräuterfest gefeiert.
Im Außenbereich der Burg wurden Kräuterbeete und eine Kräuterspirale mit den beschriebenen Heilpflanzen angelegt. Empfangen werden die Besucher von großen Fahnen, die von Studentinnen des Fachs Textilgestaltung an der Universität Paderborn entworfen und genäht worden sind.

Artikel vom 08.04.2006