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Kleine Ferkel - Große Diskussion

Seit Freitag gilt Schweine-Transportverbot: Landwirtschaftsverband ist besorgt

Kreis Lippe (SZ) Seit Freitag gilt in Nordrhein-Westfalen ein zehntägige Transportverbot für Schweine. »Für viele Schweinebetriebe wird es dramatisch werden«, erklärt der Lippische Landwirtschaftliche Hauptverein. »Wir befürchten enorme wirtschaftliche Folgen für die heimischen Schweinebauern«, bringt es der Hauptvereinsvorsitzende Heinrich Kemper auf den Punkt.
»Darüber hinaus kommen noch die erheblichen Probleme in der Tierhaltung hinzu«, so Kemper.
Nach Auskunft von Dr. Ulrich Kros, beim Kreis Lippe für die Tierseuchenbekämpfung zuständiger Tierarzt, ist erst frühestens ab dem 15. April wieder ein Transport von Schlachtschweinen zur unmittelbaren Schlachtung in eine in Nordrhein-Westfalen gelegene Schlachtstätte möglich. Der Transport von Zucht- und Nutzschweinen bleibt nach jetzigem Kenntnisstand auch nach diesem Datum weiterhin untersagt. Schlachtstätten in Nordrhein-Westfalen bleibt bis dahin nur die Möglichkeit, Tiere aus anderen Bundesländern zu schlachten. »Dies setzt jedoch voraus, dass die Transportwege vorab mit dem Veterinäramt abgestimmt werden«, macht Dr. Kros die Vorraussetzungen dafür deutlich.
Bis zuletzt hatte sich der Landwirtschaftsverband dafür eingesetzt, auf eine Sperre von Schlachthöfen außerhalb der Restriktionsgebiete zu verzichten, die infolge der Schweinepest eingerichtet wurden. »Die neuen Maßnahmen sind nicht nachvollziehbar. Sie gefährden die Schweinehalter sowie die Schlachtbetriebe in der Region und werden langfristige Auswirkungen auf die Vermarktungswege haben«, sagte der Vorsitzende.
Die sogenannte Verbringung von Zucht- und Nutzschweinen ist bereits seit der vergangenen Woche in NRW untersagt. Der Westfälische Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) hat bis zuletzt versucht, in Gesprächen mit höchsten Vertretern der Kommission und des EU-Parlaments diese Entscheidung abzuwenden.
Was bedeutet die Entscheidung für die hiesigen Landwirte? Die Bauern dürfen keine Schweine kaufen und verkaufen und es darf kein Schweinetransporter mehr fahren. Vor allem Ferkelerzeuger sind von diesen Maßnahmen betroffen. Die Ferkel wachsen, werden größer und Neugeborene kommen hinzu. In den Ställen ist kein Platz mehr. Der Vorsitzende hält das Transportverbot für überzogen. Nach seiner Meinung hätte eine Sperrung im Umkreis von 50 Kilometern der betroffenen Höfe ausgereicht. »Doch dass gleich ein ganzes Bundesland gesperrt wird, das ist mir unverständlich«, so Kemper. Die betroffenen Höfe in den Kreisen Recklinghausen und Borken seien wesentlich weiter vom Kreis Lippe entfernt als die Niederlande, doch hier seien Schweinetransporte weiter erlaubt. Darüber hinaus fordert der Landwirtschaftsverband angesichts der Situation eine Herauskaufaktion für überschwere Ferkel und Mastschweine sowie eine Abänderung der von der EU erlassenen Restriktion. So soll am kommenden Dienstag beim Veterinärausschuss der EU über Lockerungen beraten werden. »Zwar sind konsequente und restriktive Maßnahmen zur Eindämmung des Seuchengeschehens dringend erforderlich, doch aufgrund des lokalen Schweinepestgeschehens sind die großflächig angelegten Maßnahmen für NRW unangemessen und müssen deshalb aufgehoben werden«, unterstreicht der Vorsitzende.
Der Landwirtschaftsverband appelliert an alle Bauern, Solidarität mit den betroffenen Berufskollegen zu zeigen. Jetzt müssten sich alle Anstrengungen darauf richten, den Seuchenzug durch konsequente Bekämpfungsmaßnahmen zu beenden.

Artikel vom 08.04.2006