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Jetzt ist kein
Schwein mehr
auf der Straße

Transportverbot trifft auch Schlachter

Von Klaus-Peter Schillig
Altkreis Halle (WB). »Das hat uns gerade noch gefehlt«, stöhnt Arnold Weßling, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes. Das von der EU verhängte Transportverbot für Schweine könnte die heimischen Züchter und Mäster richtig hart treffen.

Seit der vergangenen Nacht, 0 Uhr, dürfen innerhalb von Nordrhein-Westfalen noch nicht einmal Schweine vom Bauernhof auf direktem Weg zum Schlachthof gebracht werden. Und das eine Woche vor den Osterfeiertagen. »In der kommenden Woche werden aber alle ihr Fleisch auf dem Tisch haben«, beruhigt Weßling, dass es nicht zu Engpässen kommen werde. Die heimischen Landwirte allerdings trifft es in diesen Tagen doppelt. Der Ausbruch der Schweinepest im Kreis Recklinghausen hat direkte Auswirkungen auf knapp 900 Schweinehalter im Kreis Gütersloh, die insgesamt mehr als 270 000 Stück Borstenvieh in den Ställen haben. Die in Sachsen erstmals in einem gewerblichen Betrieb aufgetretene Vogelgrippe lässt die Angst bei den Geflügelzüchtern wachsen.
In beiden Fällen, so betont Arnold Weßling, bestehe aber keine Gefahr für die Verbraucher. Geflügelfleisch könne weiter ohne Bedenken verzehrt werden, die Schweinepest sei ohnehin eine reine Tierkrankheit. Die Vorsichtsmaßnahmen unter den Landwirten aber werden in diesen Tagen verschärft. So sind mehrere Veranstaltungen rund um die Landwirtschaft abgesagt worden. Arnold Weßling selbst hat eine Zusammenkunft des Milchausschusses in Münster abgesagt. Jeder Landwirt ist aufgerufen, größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen.
Das ist bei den Bauern auch schon der Fall, sie lassen keine Fremden mehr in ihre Ställe. »Man will schließlich nicht der Schuldige sein, wenn doch etwas passiert«, meinte gestern Schweinehalter Dietrich Keller aus Kölkebeck. Der musste gestern zu ungewohnter Zeit einen Transport vorbereiten, denn sein Hauptabnehmer, Fleischermeister Werner Haskenhoff in Steinhagen, hat seinen Schlachttag von Montag auf heute vorgezogen. Bis gestern Abend mussten die bestellten Tiere bei ihm angekommen sein, haben folglich die Nacht an der Waldbadstraße verbracht, ehe sie heute geschlachtet werden. Werner Haskenhoff will möglichst auf seine heimischen Lieferanten zurückgreifen. Nur wenn das Transportverbot länger dauert als die von der EU jetzt festgesetzten zehn Tage, könnte der Nachschub knapp werden. Dann müsste auch der Steinhagener auf Schweine aus Niedersachsen zurückgreifen.
Die dürfen nämlich weiterhin nach und durch Nordrhein-Westfalen transportiert werden. Weßling hält die landesweiten Maßnahmen der EU deshalb für überzogen. Sein eigener Hof liege nur wenige hundert Meter von der Landesgrenze entfernt, warum sollten da Schweine im angrenzenden Niedersachsen weniger gefährdet sein.
Schon seit einer Woche dürfen ja keine Schweine mehr von einem in einen anderen Betrieb transportiert werden, was vor allem bei den Ferkelerzeugern für Platznot in den Ställen sorgt. Jetzt erwischt es auch die, die schlachtreife Tiere im Stall haben. Weßling fordert deshalb eine Herauskaufaktion für überschwere Ferkel und Mastschweine und eine Änderung der EU-Restriktionen. Heute wollen sich auf Kreisebene Fachleute von der Landwirtschaftskammer, vom Verband und dem Kreisveterinäramt zusammensetzen, um hinter verschlossenen Türen über Maßnahmen vor Ort zu beraten.

Artikel vom 07.04.2006