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Wehdemer Publikum lacht Tränen

»Stichlinge« gastieren in Begegnungsstätte - Comedy und Satire begeistern

Von Stefanie Holzbecher
Stemwede-Wehdem (WB). Ein Feuerwerk von Comedy und politischer Satire ließen Rolf Mietke, Kirsten Gerlhoff, Dieter Fechner, Oliver Roth, Wolfgang Freitag, Birger Hausmann und Uschi Umbach unter der Regie von Birger Hausmann und Jürgen Juchtmann auf die zahlreichen Besucher der Begegnungsstätte in Wehdem los.

Seit 40 Jahren bringen die »Mindener Stichlinge« Alt und Jung im Mühlenkreis zum Lachen. Dies gelang am Mittwochabend auch in Stemwede wieder einmal trefflich. So etwa bei der Beschreibung von »Politik als Orchester«, das dem Dirigenten folgt wie das Volk seinen Gewählten: »Streichen, streichen, streichen. Immer nur streichen, aber niemals unten streichen, immer nur oben.« Was gestrichen wird? So allerhand. Rente mit 65 zum Beispiel. Aber die Wähler seien ja selber schuld, meinen die »Stichlinge«: »Es kann so einfach sein, das Volk dazu zu kriegen, jeden Blödsinn mitzumachen.«
Aber es wird nicht nur gestrichen, sondern auch ganz fleißig gespart. Sein Geld zu horten und es im sicheren Kämmerlein zu verstecken ist nämlich des deutschen liebstes Hobby, oder, wie man auch zu sagen pflegt, »Volkssport Nummer 1«. Es gibt so viele Möglichkeiten der Einsparungen. Die »Stichlinge« raten: sechsfaches Isolierglas in den Fensterrahmen senkt den Heizungsbedarf doch beträchtlich. Aber auch Ohropax im Schlüsselloch könnte eine Alternative sein, den Energiebedarf auf ein Minimum herunterzuschrauben.
Dank neuer Technologien kann man sich auch ein Windrad in den Garten stellen und statt Dachziegeln Solarzellen auf dem Dach anbringen. »Dabei ist es wichtig, den optimalen Winkel für die Sonneneinstrahlung zu finden«, meinten die Akteure und ulkten: »Da kann es sich durchaus schon mal lohnen, sein Haus um ein paar Zentimeter zu versetzen.«
Aber reichen diese Maßnahmen wirklich aus, um effektiv zu sparen? Nein, sagen die »Stichlinge«, man solle noch viel weiter gehen, um sein Geld zu schützen und bei sich zu behalten: »Um beim Bahnfahren zu sparen, kann man sich zum Beispiel das Bahn fahren sparen!« Das spare nicht nur Geld sondern auch Nerven, denn wer blicke bei den heutigen Angeboten noch durch?
Eine einfach Fahrkarte sei aus der Mode gekommen. Heute benutze man Sparpakete oder Tagesangebote, um an sein Ziel zu gelangen. Kleinere Einschränkungen nehme man da gern in Kauf, wenn doch dafür beträchtliche Summen an Geld gespart werden könnten. »Es ist doch kein Problem, wenn mein Hund einen Bahnhof später einsteigt - dafür kann er schließlich eine Freundin mitbringen, denn wir reisen dann per Gruppenticket.«
Ist einem das alles zu kompliziert oder zu teuer, kann man ja immer noch auf das Auto zurückgreifen. Auch hier sind Einsparungen bis zu 100 Prozent möglich. Getreu dem Motto »wer sein Auto liebt, der schiebt«, senkt nach Ansicht der Kabarettisten ein geschobenes Auto den Benzinbedarf beträchtlich. Auch der Verschleiß werde auf ein Minimum nach unten gefahren.
Wem das alles nicht gefalle, der könne ja immer noch fliegen: »Der Weg in die weite Weld hinaus geht schließlich übers Rollfeld.«
Und wenn dann mal was passiert, kann man sich in Deutschland wenigstens sicher sein, das der Arzt und die Krankenkasse zur Stelle sind. Man dürfe nur nicht zu spät kommen, warnten die Mindener. »Denn dann kann es sein, das das Budget des Arztes für diesen Monat ausgeschöpft ist.« Aber irgendwas biete sich beim Arzt schon an: Wenn die Blinddarmoperationen »aufgebraucht« seien, müsse man halt »mit einem Eingriff am Magen vorlieb nehmen«. Manchmal habe man Glück und finde noch »den passenden Eingriff auf der internen Tauschbörse.«
Tja, das Leben ist nicht leicht - aber die Mindener Stichlinge machen es zumindest leicht, darüber zu lachen und nicht alles so ernst zu nehmen.
Eine vollbesetzte Wehdemer Begegnungsstätte und ein Tränen lachendes Publikum waren der verdiente Lohn für eine tolle Vorstellung.

Artikel vom 07.04.2006