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Fünfzügiges
Gymnasium
»sachwidrig«

Schule muss Kind aufnehmen

Von Volker Zeiger
Enger (EA). Das Widukind-Gymnasium Enger (WGE) muss eine von der Schule abgelehnte Schülerin in die 5. Klasse aufnehmen. Das hat das Verwaltungsgericht Minden beschlossen. Es stellt auch klar, dass die Stadt Enger eine »sachwidrige« Vorgabe in Bezug auf die festgeschriebene Fünfzügigkeit getroffen hat. Das WGE verweigerte die Aufnahme des Kindes mit dem Hinweis auf fünf zugelassenen Eingangsklassen. Eine sechste Klasse sei nicht möglich.

Die zweite Kammer des Verwaltungsgerichtes begründet die im Eilverfahren nach der Klage eines Engeraner Elternpaares getroffene Entscheidung (Az. 2 L 144/06 - noch nicht rechtskräftig) mit der »eindeutigen Gesetzeslage«, wonach die Chance auf den Zugang zur gewünschten Schulform nicht davon abhängen dürfe, auf welcher Seite einer Gemeindegrenze ein Kind mit seinen Eltern wohne. Wenn die eigene Gemeinde kein eigenes Gymnasium unterhalte oder die dortige Kapazität erschöpft sei, dürfe das nicht zu Lasten der betroffenen Kinder gehen. Sie könnten nicht mit der Begründung abgewiesen werden, sie seien als Auswärtige nur nachrangig berechtigt. Die Schulleiterin sei daher nicht an die sachwidrige Vorgabe des Schulträgers gebunden. Das Gericht stellt auch klar, dass am Gymnasium »noch Räume und Personal« für eine weitere Parallelklasse vorhanden seien.
Das Verwaltungsgericht weist in dem Beschluss, der am Montag gefasst wurde, auf Argumente der Schule beziehungsweise der Stadtverwaltung hin. Bei Kapazitätsengpässen solle das Gymnasium demnach vorrangig den Einwohnern der Stadt zu dienen. Angesichts der finanziellen Lage könnten die »Lasten« nicht mehr getragen werden, die durch die Aufnahme auswärtiger Schüler entstünden. Die Schulleiterin aber, so das Gericht, hatte sich bei der Ablehnung nicht am Wohnsitz, sondern »allein an den Empfehlungen und Noten der Grundschule orientiert«.
WGE-Direktorin Brigitte Binke-Orth empfahl gestern allen Beteiligten, eine einvernehmliche Lösung zu suchen. »Wir sollten gemeinsam überlegen, wie es weitergeht«. Sie hatte sich während der vergangenen Wochen stets für eine Sechszügigkeit ausgesprochen. Die Stadt lehnte aber ab. Sie lenkte auch nicht ein, als Eltern von 13 Kindern, davon 6 aus Spenge, bei der Bezirksregierung Widersprüche gegen die negativen Schulbescheide einreichten.
Wie gestern berichtet, hatten sich diese Eltern auch mit dem Bürgermeister über dessen ablehnende Haltung auseinandergesetzt. »Leider war die Stadt nicht bereit, von ihrer Position abzurücken«, sagten sie. Sie hoffen, dass sich jetzt zu Gunsten ihrer Kinder etwas bewegt. Die Eltern des Kindes, das ans Gymnasium darf, freuten sich über das Justizvotum.
Bürgermeister Klaus Rieke hält den vom Verwaltungsgericht beanstandeten Ratsbeschluss für rechtens. »Nach wie vor ist die Fünfzügigkeit richtig und rechtlich korrekt«, sagte er auf Anfrage des ENGERSCHEN ANZEIGERS. Eine »gewisse Bevorzugung« für Engeraner müsse zulässig sein. Die Stadt dürfe nicht verpflichtet werden, für andere Platz vorzuhalten.

Artikel vom 06.04.2006