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Eine Frau aus Riesel im »Wilden Westen«

»Eggepater« Beda Kleinschmidt liebte das Reisen

Von Jürgen Köster
Brakel (WB). Seine Reisen führten ihn über Europa hinaus bis in die Vereinigten Staaten. Die Stadt Brakel ernannte ihn 1930 zu ihrem Ehrenbürger, und natürlich trägt auch eine Straße seinen Namen: Pater Beda Kleinschmidt. Einem Beschluss des Rates vom 12. Januar 1962 entsprechend wurde die Straße nach dem Mann benannt, der im Volksmund der »Eggepater« hieß.

Ein Zufall ist es, dass in eben diesem Beda-Kleinschmidt-Weg ein Mann wohnt, für den das Wandern zur Passion geworden ist. »Durch das Wandern habe ich mir Deutschland und die Alpenwelt erschlossen«, blickt Alfons Anke auf eine Vielzahl von Reisen und Wandertouren zurück, von denen er immer wieder gern berichtet. Sonthofen, Kitzbühel, Mayrhofen, Reit im Winkel und der Königssee sind nur einige der Ziele, die der heute 68-Jährige angesteuert hat. Unzählige Anstecker am Hut und Plaketten am Wanderstock zeugen von den sehenswerten Orten, an denen Anke auch so manche Anekdote erlebte. Ob ein Sturm auf dem Brocken im Harz oder der Polterabend von Christian Neureuther und Rosi Mittermeier auf der Winklmosalm -ÊAnke hat viel erlebt auf seinen Reisen. Ebenso wie der »Eggepater«.
Der wurde als Julius Theodor Kleinschmidt am 12. Oktober 1867 in Brakel geboren. Er war das siebte von zwölf Kindern. Sein Geburtshaus ist das alte Torwächterhaus am Hanekamp. Von der Rektoratsschule wechselte Kleinschmidt zum Gymnasium nach Paderborn, das er 1887 verließ. 1888 wurde er Franziskaner und wählte bei seiner Einkleidung den Namen Beda.
Beda Kleinschmidt studierte Philosophie und Theologie, wurde im Alter von 25 Jahren im Hohen Dom zu Paderborn zum Priester geweiht. Zunächst wirkte er als Lektor in verschiedenen Ordenshäusern. 1905 wurde er Rektor des Kollegs in Harreveld, 1910 in Vlodrop. Von 1915 bis 1919 war Kleinschmidt Provinzoberer.
Als Professor für Kunstgeschichte und Liturgie lehrte der Pater unter anderem an der Hochschule in Paderborn. Zahlreiche Bücher, Aufsätze und weitere Veröffentlichungen fanden große Beachtung -Êwie auch das Standardwerk über die heilige Anna. Auf seinen Reisen forschte und studierte er -Êund berichtete auch darüber. So erschien im Brakeler Anzeiger 1931 ein Artikel, in dem Pater Beda von »Überraschungen im Wilden Westen« zu erzählen weiß. »Menschenleben galten nichts. Die Hirten bildeten den Schrecken der Reisenden. Beobachtung der bürgerlichen Gesetze kannten sie nicht«, heißt es in dem Bericht des Paters. Weiter schreibt er: »Auch jetzt noch kommen zuweilen noch ganz unglaubliche Dinge vor. So hat kürzlich ein junger Bandit von 19 Jahren die Reisenden eines ganzen Zuges überfallen und ausgeraubt. Das sind Überraschungen, auf die man sich eventuell gefasst machen muss.« Auch berichtet er von einem Lichtbildervortrag, den er in Denver (Colorado) vor dort lebenden Deutschen gehalten habe. Zum Schluss des Vortrages seien manche der Zuhörer zu ihm gekommen, um ihn zu begrüßen. Eine Frau habe sich nicht nur als Westfälin zu erkennen gegeben: »Aus Riesel bei Brakel im Nethegau«, habe sie auf seine Frage, woher genau in Westfalen sie stamme, geantwortet. »Welch eine Überraschung! Aus Riesel eine Frau im Wilden Westen!« schrieb Pater Kleinschmidt.
Er starb im März 1932 in Paderborn. Der Eggegebirgsverein bewahrt das Andenken an den Franziskanerpater durch einen barocken Bildstock am Eggeweg oberhalb der Gemeinde Kempen/Feldrom, die Kleinschmidt als Pfarrer betreute.

Artikel vom 06.04.2006