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Lehramtsstuhl
ist weiter leer

Nur eine Dozentin für 3000 Studis

Von Manfred Schraven
Paderborn WV). Ratlos, sprachlos, aufgeschmissen, angesch . . .: Junge Leute an der Uni Paderborn lassen ihren Emotionen freien Lauf. Der Grund: Seit dem 31. März ist der Lehrstuhl des Sprachwissenschaftlers Werner Wolski leer. Auf einen Gütetermin zur Weiterbeschäftigung setzten gestern vor allem rund 40 Lehramtsstudierende, die sich beim »Prof« zur Prüfung angemeldet haben: vergebens!

Direkt nach Bekanntwerden des beendeten Arbeitsvertrages häuften sich die Proteste. Bis gestern liefen bereits 40 E-Mails der Studentenschaft beim Fachschaftsrat Lehramt auf, die auf unzumutbare Bedingungen der Lehrveranstaltungen durch den Weggang hinwiesen. Mehr als 500 Unterschriften fordern die Verlängerung des Arbeitsvertrages ihres Professors. Das zu erreichen versuchte gestern auch dessen Anwalt Wolf Steinmeyer in einem Gütetermin vor der 2. Kammer am Arbeitsgericht in Paderborn. Ohne Erfolg. Der Verhandlungsbevollmächtigten der Uni, Dr. Uta Wiehnhaus, wurde vom Kanzler selbst für den angebotenen Vergleich des Marburger Arbeitsrechtlers nicht der geringste Spielraum gegeben. Den Einwand von Richter Ingmar Bonmann, ob es finanzielle Gründe seien, kommentierte sie nickend. Damit wurde zudem die Befürchtung von Steinmeyer bestätigt, dass auch dieser arbeitsrechtliche Streit an den Budgetschwierigkeiten des Landes NRW liege. Über eine so genannte »Entfristung« will die Kammer nun am 21. Juli entscheiden. Den Studenten hilft es kaum.
Olaf Neitzel, der als Beobachter für den Fachschaftsrat Lehramt gestern beim Gütetermin war, beklagt, dass mit dem Weggang von Professor Wolski ab sofort für 2960 Sprachwissenschaftler nur noch eine Dozentin zur Verfügung stehe. Neitzel: »Auch so kann man sich klammheimlich an der Paderborner Uni vom Lehramt verabschieden.« Besonders unter dem Aspekt der erhobenen Studiengebühren sei es geradezu grotesk, das Dozentenstellen gestrichen würden. Dabei zitierte er aus einem Schreiben der Fachschaft Lehramt an den Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften, Professor Dr. Frank Göttmann: » . . . Sie selbst haben auf dem Paderborner Grundschultag im März betont, dass Sie das Lehramt für die Universität Paderborn als sehr wichtig ansehen. Zugleich erläuterten Sie, welche Geldsummen der Universität durch Preisgelder zur Verfügung stehen. Wie können Sie es dann erklären, dass für die Weiterbeschäftigung von Herrn Wolski keine Mittel zur Verfügung stehen?«
Der heute 59-jährige Werner Wolski ist nach den Worten seines Anwaltes seit 1995 im Rahmen verschiedener professuraler Tätigkeiten an der Uni Paderborn beschäftigt. Schon vor sechs Jahren habe er für seinen Mandanten durch eine Entfristungsklage eine Weiterbeschäftigung erreicht, die anschließend durch Vergleich bis zum 31. März verlängert wurde. Für den Arbeitsrechtler ist nicht nur die lange Vertragsdauer ein Grund zur Weiterbeschäftigung. Steinmeyer: »Auch die Studenten stehen auf dem Schlauch.«

Artikel vom 06.04.2006