06.04.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ackerbau verdrängt Wälder

Löhne ist eine der waldärmsten Kommunen in ganz Nordrhein-Westfalen

Von Per Lütje
Löhne (LZ). Wer in Löhne einen Ausflug ins Grüne machen möchte, der hat nicht viel Auswahl. Kaum eine andere Kommune in Nordrhein-Westfalen hat so wenig Wald, und Besserung ist nicht in Sicht: »Für eine großartige Aufforstung ist kein Geld da«, sagt Planungsamtsleiter Wolfgang Helten.

300 Hektar Wald gibt es in der Werrestadt. Das hört sich viel an, ist es aber nicht. Denn bei einem Stadtgebiet von knapp 60 Quadratkilometern entspricht das gerade mal einem Anteil von fünf Prozent. Im Landesdurchschnitt sind 26 Prozent der Fläche bewaldet, im nördlichen Regierungsbezirk Detmold immerhin noch 18 Prozent.
Schuld an dieser Entwicklung ist der gute Löhner Ackerboden. »Landwirtschaft wird hier seit jeher intensiv betrieben. Deswegen ist der Wald im Laufe der Zeit fast überall verschwunden«, erklärt Johannes Landwehrmann vom Forstamt Minden. Mit der geografischen Lage habe die Baumarmut nichts zu tun: »Das geht ausschließlich auf menschliches Handeln zurück. Ohne Eingriffe wären 99,5 Prozent des Stadtgebietes bewaldet«, betont der für Löhne zuständige Förster.
Größere zusammenhängende Baumbestände, die zwischen 40 und 140 Jahre alt sind, findet man mittlerweile nur noch an der Ulenburg, auf dem Spatzenberg und in der Gohfelder Schweiz. Und dort, sagt Landwehrmann, finde man sogar noch eine große Artenvielfalt an Tieren. »Rehe, Füchse, Dachse und Hasen kann man dort häufig antreffen. Auch Großspechte und Eisvögel leben hier noch.« Gestört wird diese Idylle vor allem an schönen Sommertagen, wenn viele Menschen in die wenigen Naherholungsgebiete der Werrestadt strömen. »Dann konzentriert sich das Treiben auf wenige Flächen«, sagt Johannes Landwehrmann, dem vor allem Querfeldein-Mountainbiker ein Dorn im Auge sind.
Erklärtes Ziel der städtebaulichen Planung ist laut einer Verwaltungsvorlage eine kontinuierliche Waldflächenvermehrung. »Das ist jedoch ein sehr teures Unterfangen und unter den gegenwärtigen finanzpolitischen Rahmenbedingungen illusorisch«, sagt Wolfgang Helten. So koste die Aufforstung eines einzigen Hektars knapp 40 000 Euro. Zugrunde gelegt wird dabei 30 000 Euro für den Grunderwerb - ein Quadratmeter Ackerfläche wird mit drei Euro veranschlagt - und 8 000 bis 10 000 Euro für die eigentliche Aufforstung. Um den Anteil der Waldfläche von fünf auf sechs Prozent zu erhöhen, wären 59 Hektar nötig. Kostenpunkt: 2,36 Millionen Euro.
Abgesehen vom fehlenden Geld sieht Helten noch ein weiteres Problem. »Es hat bereits in der Vergangenheit große Debatten mit der Landwirtschaft gegeben, wo man Ausgleichsmaßnahmen etablieren kann.« Denn es sei lukrativer EU-Mittel für stillgelegte Flächen zu erhalten als Zuschüsse für Aufforstungen, erklärt Johannes Landwehrmann. »Der Ackerboden ist einfach zu wertvoll im Gegensatz zu einem Wald«, hat der Förster durchaus Verständnis, dass dem Ackerbau der Vorzug gegeben wird.

Artikel vom 06.04.2006