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Schlussmann der Stunde

Handball-Kreisliga: Schrader läuft noch mal zu Top-Form auf

Von Alexander Grohmann
Vlotho (VZ). Er ist der Mann der Stunde: Gunnar Schrader erlebt bei der HSG Vlotho/Uffeln gerade seinen x-ten Frühling. Der 41-jährige Keeper hat mit Klasse-Leistungen in den vergangenen Wochen maßgeblich dazu beigetragen, dass der Handball-Kreisligist sich aller Abstiegssorgen entledigt hat und entspannt der Schlussphase entgegen blickt.

Einer Schlussphase, die für Schrader das Ende seiner aktiven Laufbahn bedeutet: Der »Oldie« räumt bekanntermaßen im Sommer seinen Pfosten-Posten. »Er ist immer noch einer der besten Keeper der Klasse. Und auch in der Bezirksliga wäre er immer noch gut aufgehoben«, lobt Trainer Jens Witthus den HSG-»Hexer«.
Doch für den Schlussmann ist nach etlichen Handball-Jahren jetzt Schluss. »Diesen Schritt habe ich mir reiflich überlegt. Ich werde in sportlicher Hinsicht eine Zeit lang gar nichts machen«, freut sich der Vlothoer auf die Parkett-Pause. »Ich hatte schon vor zwei Jahren ans Aufhören gedacht. Aber dann wechselte Carsten Berges nach Möllbergen, und ich wollte die Mannschaft nicht hängen lassen«, sah Schrader sich in der Pflicht, weiter zu machen.
Gut für die HSG: Als Nico Dittmann sich vor einigen Wochen eine Leistenverletzung zuzog, lief Schrader mal wieder zur Hochform auf. In einer Phase, wo der Kreisligist gerade verzweifelt gegen den anhaltenden Abwärtstrend kämpfte. Mit seiner Leistung beim Auswärtssieg in Stemmer brachte der Keeper alle ins Schwärmen: »Da war er unser Sieg-Garant«, lobt Witthus den Schlussmann, der in diesem Spiel den feinen Unterschied ausmachte. Schrader sieht das ein bisschen anders: »Da gehört auch immer eine Mannschaft dazu«, schweigt er vorzugsweise, wenn es um seine eigene Leistung geht. Er lässt lieber Torwart-Taten sprechen: Wie zuletzt beim 31:23-Sieg gegen EURo II, wieder so ein Alleingang auf der Linie, zumindest in Hälfte eins. »Stemmer und EURo - das waren Gegner, die mir gelegen haben«, so Schrader, der aber gleich den Fuß vom verbalen Gaspedal nimmt. »So gut war das nun auch nicht...«
Gut ging es ihm auch einen Tag nach dem EURo-Spiel ganz und gar nicht: »Ich habe seit zwei Wochen Probleme mit den Bronchen. Am Sonntag war es besonders schlimm«, hat er die drei Spiele am Stück über jeweils volle 60 Minuten nicht ganz so gut weggesteckt. Schrader, zurzeit auch Interimscoach bei der 2. Frauenmannschaft der HSG, konnte am Sonntag im Auswärtsspiel in Holzhausen seine Anweisungen nur noch flüstern.
Bald hat er es dann ja überstanden. Noch drei Mal wird angepfiffen - dann ertönt für den Keeper endgültig der Abpfiff. Dann hat Schrader endlich auch mehr Zeit für seine Familie, Ehefrau Barbara und die Söhne Andre (13) und Florian (10). »Zurzeit stehe ich in der Woche bis zu sechs Mal in der Halle«, kann sich der Keeper zur Abwechslung durchaus mal ein Leben ohne Handball vorstellen.
Er könnte ohne weiteres noch weiter machen, denkt Carsten Berges, der die Schrader-Show gegen EURo in der Rudolf-Kaiser-Halle staunend auf der Tribüne verfolgte. »Vier Jahre könnte er sein Niveau bestimmt noch halten, wenn der Körper mitspielt.« Nico Dittmann, der in den vergangenen Wochen die Glanzleistungen des Kollegen von der Bank aus verfolgte, gönnt dem Tor-Partner den Höhenflug von Herzen. »Er hat zurzeit eine Super-Form. Da kann ich mich zurücklehnen«, lacht er. Und schmunzelt: »Wir müssen doch erst die Alten verbrauchen.«
Vielleicht ist Schrader schon ein bisschen älter, aber dadurch auch unheimlich erfahren. Ein Vorteil: »Meine Trainings-Disziplin hat ein bisschen nachgelassen, aber das kann ich mit Routine wieder wett machen.« Ein »junger Hüpfer« war Schrader auch 1993 nicht mehr, als er sich dazu entschloss, zur HSG Porta Westfalica zu wechseln. Sieben Jahre lang hütete er für den Vlothoer Handball-Nachbarn das Tor, sammelte reichlich Verbandsliga-Erfahrung. Eine gute Schule. 2003 kehrte er zu seinem Heimatverein zurück.
»Ich kann nicht sagen, wie ich mich fühlen werde«, wird es für ihn selbst spannend sein, die Auszeit zu erleben. Der Körper wird sich wahrscheinlich bedanken. »Die Beweglichkeit ist nicht mehr bei 100 Prozent«, gesteht er Verschleißerscheinungen ein. Auf eine Sache ist Schrader aber mächtig stolz: »Ich hatte noch nie einen Bänderriss. Jedenfalls keinen, der mir bekannt ist.«

Artikel vom 05.04.2006