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Ein Vertrag mit
drei Kreuzen

Hof seit 200 Jahren in Familienbesitz

Von Hartmut Horstmann
Herford-Elverdissen (HK). Wenn Friedrich Schürmann über seine Ländereien in Herford-Elverdissen blickt, dann spürt er die Tradition. Seit 200 Jahren befindet sich die Hofstätte in Familienbesitz - am 12. April des Jahres 1806 war der Kaufvertrag notariell besiegelt worden.

Mit einer kleinen Feier mit Freunden will Friedrich Schürmann des Jubiläums gedenken. Denn sein Herz hängt an dem Hof - und das, obwohl er hauptberuflich stark eingespannt ist. So betreut der 54-Jährige in Niedersachsen den Verkauf an Sonderfahrzeugen der Marke Mercedes.
Die Liebe zur ländlichen Tradition hat ihn bisher jedoch davon abgehalten, dem Höfesterben ein weiteres Kapitel hinzuzufügen. Zwar hat der Nebenerwerbslandwirt die Viehzucht aufgegeben, doch Ackerbau und Getreide bestimmen nach wie vor seinen Jahresrhythmus.
Ob sich das lohne? »Von der Rendite her ist das natürlich schwierig«, sagt Schürmann. Aber er habe Spaß dabei.
Derartige Gedanken waren seinem Urururgroßvater fremd, als ihm das etwa zwei Hektar große Land in Elverdissen vor 200 Jahren zugeteilt wurde. Es war die Stunde der Unfreien, der Heuerlinge, als nach 1800 immer mehr Ländereien zur Besiedlung freigegeben wurden - so auch die »Altstädter Feldmark«.
Drei Existenzgründer teilten sich im Jahre 1806 einen Abschnitt des dortigen Bereichs »Herrenkamp« auf: Johann Friedrich Schürmann, Caspar Henrich Niederbaumer und Friedrich Brandner. Mit der Geschichte der drei Höfe hat sich der Historiker Uli Kahmann befasst, der aus den Notarurkunden erfahren hat: »Nur zwei der Männer konnten ihren Namen schreiben. Brandner machte drei Kreuze.«
Im Laufe der Jahre wurde aus der Erbpacht festes Eigentum, in Anlehnung an die Gründung vor 200 Jahren entstand die Bezeichnung »Auf den Höfen«. Daraus wiederum leitete sich der Straßenname ab, der heute eine Siedlung bezeichnet.
Die Fläche, die dem Einzelnen vor 200 Jahren zur Verfügung stand, war nicht sonderlich groß, so dass sich die Landwirte bereits früh um Nebentätigkeiten wie Weben kümmern mussten.
Mittlerweile ist der Schürmannsche Hof der einzige, der sich noch im Familienbesitz befindet. Der heutige Besitzer hat sogar noch mächtig zugelegt, so dass aus den Zwei-Hektar-Anfängen inzwischen 19 Hektar geworden sind. Rundherum sind neue Häuser entstanden, doch Fiedrich Schürmann bleibt seiner Scholle treu - und hofft auf seine Tochter: »Ich würde es gut finden, wenn sie die Familientradtition fortsetzt.«
Derzeit lebt die 28-jährige Diplom-Physikerin in Heidelberg. Doch sei eine Rückkehr nach Herford nicht ausgeschlossen, weiß Schürmann.
Das nächste Jahrhundert auf dem Herrenkamp kann beginnen.

Artikel vom 12.04.2006