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»Schmutzige Bombe« im Kofferraum

ABC-Abwehrbataillon 7 ab Juli wieder Leitverband in weltweit operierender NATO-Truppe

Von Wolfgang Braun
Höxter/Bergen (WB). Zum zweiten Mal nimmt das ABC-Abwehrbataillon 7 in Höxter eine führende Rolle in einem NATO-Verband ein.

In der schnellen Eingreiftruppe, der NATO Response Force (NRF), ist das Bataillon der Leitverband der ABC-Abwehrtruppe, die sich aus Soldaten aus zehn NATO-Nationen zusammensetzt. Mit 500 Mann stellt das Höxteraner Bataillon den größten Anteil. Das Kommando führt der Kommandeur des ABC-Abwehrbataillons, Oberstleutnant Roelof Billmann. 2004 stellten die Höxteraner ebenfalls in der NRF einen Führungsverband.
Vom 30. März bis zum 4. April führte die multinationale ABC-Abwehreinheit in der Lüneburger Heide auf dem NATO-Truppenübungsplatz Bergen eine so genannte internationale Zertifzierungsübung durch. In dem Manöver »Golden Mask 06«, an dem unter anderem auch Franzosen, Belgier, Ungarn, Norweger, Slowenen und Bulgaren teilnahmen, ging es darum, unter Beweis zu stellen, dass die auf Zeit zusammengestellte Einheit schwierigsten Herausforderungen bei Angriffen mit chemischen, biologischen und atomaren Kampfstoffen gewachsen ist. »Obwohl die Soldaten aus unterschiedlichen nationalen Armeen stammen, obwohl sie verschiedene Sprachen sprechen, funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut. Die Verständigung erfolgt auf Englisch«, berichtete Major Horst Schmidt, Stabsoffizier bei der ABC-Abwehrbrigade 100 in Bruchsal. Schmidt, der mit seiner Familie in Wehrden wohnte, war lange Zeit in Höxter stationiert, zuletzt als Kompaniechef.
Weil die schnelle Eingreiftruppe in der Lage sein muss, Aufträge bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus erfolgreich auszuführen, war in der Ausgangslage für die Übung die fiktive Terror-Gruppe MUM, die im ebenfalls fiktiven Land La Peruz Angst und Schrecken verbreitet, einer der Gegner. »An einem Checkpoint wurde ein Personenwagen mit einer so genannten Ýdirty bombÜ im Kofferraum gestoppt. Sie war sogar noch durch Sprengfallen gesichert worden, die erst entschärft werden müssen«, berichtete Oberstleutnant Billmann. Die »schmutzige Bombe« verteilt radioaktiv strahlendes Material in einem größeren Umkreis. Sie sollte in Hannover gezündet werden. Ein ABC-Spürtrupp wurde sogar nach Wilhelmshaven geflogen. Dort waren in einem Schiff chemische Kampfstoffe entdeckt worden, die zur weiteren Analyse in das Wehrwissenschaftliche Institut für ABC-Schutz in Munster gebracht werden mussten. »Hundert Soldaten und 40 Fahrzeuge wurden bei einem Einschlag einer Scud-Rakete mit dem tödlich wirkenden Nervengas VX verseucht«, beschrieb Billmann eine weitere Übungsphase. Menschen und Gerät waren zu entgiftet. Das ABC-Abwehrbataillon 7 verfügt über entsprechende Einrichtungen zur Dekontaminierung. Die Einheit, die mit etwa 200 Fahrzeugen in der Heide war, baute zudem einen Wasseraufbereitungsplatz auf. Sie betrieb drei Anlagen, von denen jede 120 000 Liter Trinkwasser täglich liefern kann.
Alle Fäden für einen Einsatz laufen im Bataillonsgefechtsstand - der »Donnerkuppel« - zusammen, wo modernste Technik und wissenschaftliche Experten den Kommandeur darin unterstützen, seine multinationale Truppe zu führen. Ab 1. Juli wird das ABC-Abwehrbataillon der NATO-Einsatztruppe für ein halbes Jahr in ständiger Alarmbereitschaft sein. Innerhalb von fünf Tagen müssen dann in einem Krisenfall erste Einheiten überall in der Welt vor Ort sein.

Artikel vom 05.04.2006