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Bitte alles, alles anfassen...!
Im Wolfenbütteler Kindermuseum sind Gehirn und Sinne jetzt ganz aktuell
Eigentlich ist das doch der Traum aller Kinder: Ein Museum für sie, in dem man alles selbst machen kann. Benjamin empfiehlt die aktuelle Schau in Wolfenbüttel.
Baumaschinen rattern, Geigen fiedeln, irgendwo schrillt ein Telefon. Annette Goslar schreit und gestikuliert gegen den Lärm an. Dann schaltet die Ausstellungsleiterin das Krach-Band ab. 50 Mädchen und Jungen nehmen die Hände von den Ohren und atmen auf. Endlich Stille. Im Aha-Erlebnis Kindermuseum in Wolfenbüttel geht es hoch her. »?Denkste! Gehirn + Sinne = Phänomene« heißt die Schau, die gerade aktuell läuft.
Absperrungen und »Berühren verboten«-Schilder gibt es hier nicht. Die jungen Besucher werden zu Forschern. Anfassen und ausprobieren sind nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. »Das ist das Besondere an unserem Kindermuseum«, sagt Annette Goslar. »Alle Objekte sind selbst gebaut und wir können sie umbauen.« Das Thema der Ausstellung und die Gestaltung entwickeln Kinder und Erwachsene gemeinsam. Etwa 7000 Besucher sehen sich die Schau mit wechselnden Themen jedes Jahr an.
»Denkste« ist die fünfte Ausstellung im Kindermuseum, das 2000 gegründet wurde. Die Kinder sollen erfahren, wie die Sinne miteinander verknüpft sind - etwa was passiert, wenn man auf einem Bein im Dunklen balanciert. Die Kinder lernen durch Ausprobieren. 20 Erwachsene sowi etwa 40 »Forscherkids« (so nennen wir die mal) haben gemeinsam in mehr als 1000 Stunden Arbeit menschengroße Münder aus Pappmaschee oder Balancierlandschaften gebaut.
Die Forscherkids sind zwischen 6 und 14 Jahren alt und haben den ganzen Winter über gebastelt, gemalt und gewerkelt. »Das macht einfach Spaß, die Stationen zu bauen«, sagt die achtjährige Marieke, während sie Farben auf einer sich drehenden Scheibe zu einem Bild verlaufen lässt. Nicht in allen Kindermuseen sind Kinder am Entstehen der Ausstellung beteiligt. Doch in Wolfenbüttel ist alles selbst gemacht. Kindergarten- und Hortgruppen tummeln sich in den Fabrikhallen an der Lindener Straße. Als »Werkzeuge« nutzen die Mädchen und Jungen Augen, Ohren, Nase, Mund, Hände und Füße.
Lea hat sich an einer Hörstation Kopfhörer aufgesetzt und lauscht. »Da geht ein Mann die Treppe runter«, ruft die Sechsjährige begeistert. Adrian hat sich ins Sinnesschloss verkrümelt. Der Fünfjährige nimmt sich einen orangefarbenen Drops und lutscht genüsslich daran. »Apfel?«, rät er den Geschmack. Erzieherin Marion Rothermund betrachtet ihren Schützling skeptisch. »Bist Du sicher?« Adrian lutscht angestrengt, dann hellt sich seine Mine auf: »Orange!«.
Claudia Walther ist mit Tochter Tessa im Museum. Die Achtjährige ist begeistert, dass »man hier alles anfassen kann«. Tessa spricht in einen Schlauch und beobachtet, wie die Schallwellen ihrer Stimme am Ende der Röhre eine Membran zum Schwingen bringen. Das Museum richtet sich zunächst an Kinder und Jugendliche, doch auch Erwachsene haben Spaß.

Artikel vom 14.04.2006