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Mit »alten Tugenden« Kinder richtig erziehen

Hans Schwier-Forum: Professor Dr. Rainer Dollase spricht im Haller Bürgerzentrum Remise

Halle (ka). Einfluss zum heranwachsenden Kind oder Jugendlichen gewinnt man durch die Tugenden Beziehung, Kompetenz, Bindung und Sympathie. Diese These vertrat Dr. Rainer Dollase, Professor an der Universität Bielefeld, beim Hans-Schwier-Forum.

Zu dem hatten am Donnerstagabend der SPD-Kreisverband Gütersloh und die Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) ins Haller Bürgerzentrum Remise eingeladen.
Im Foyer des Bürgerzentrums versorgten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) die 130 Besucher mit Infomaterial zum Thema. Im großen Saal begrüßte sie der Kreisvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Hans Feuß mit einer Geschichte aus einem Buch, das der Gastreferent 1984 geschrieben hat. Darin geht es um einen vierjährigen Jungen, der auf dem Spielplatz die anderen Kinder haut, schubst und tritt. Seine Eltern sind wegen seines Verhaltens verunsichert. Haben sie in ihrer Erziehung versagt, wie es ihnen die Eltern der Opfer ihres Sprösslings vorwerfen?
Dollase versucht zu erklären: »Erziehung war früher die Aufgabe der Familie, und Bildung war die Aufgabe der Schule. Heute erziehen wir alle die Kinder: Familie, Kindergarten und Schule, aber auch Medien und Gleichaltrige. Dabei ändern Kinder sich nicht. Es sind die gesellschaftlichen Bedingungen und Verhältnisse, die sich geändert haben.«
Heute diene Erziehung dem Wettbewerb aller gegen alle und übernehme somit eine Funktion, die Erziehung geradezu pervertiere. Diesen »Erziehungswettstreit«, so der Fachmann, gewinnt, wer für das Kind die größte Glaubenswürdigkeit in der Deutung der Welt habe. Erziehung sei nämlich nicht nur Erziehung, sondern oder vielmehr auch Beziehung. Wir müssten Bindung, das sich Zuwenden an eine Bezugsperson in Situationen der Unsicherheit, wieder als das akzeptieren, was es sei: keine Gefühlsduselei, sondern ein Trick der Evolution, nach dessen »Programm« wir uns aus uns selbst heraus entwickeln. »Ein ganz normaler Vorgang«, so Dollase.

Artikel vom 01.04.2006