31.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Wir wollen Kolbus nicht schaden«

Anwohner und Vertreter der Firma trafen sich zum Meinungsaustausch

Von Elke Bösch
Rahden (WB). Eingeladen hatten die Anwohner der Straße »Auf der Heide« aus Rahden eigentlich in den Eskari-Raum des Hotels Bohne. Dort wollten sie im Kreis von geschätzten etwa 30 Gästen ihr Anliegen vorstellen, ihre Bedenken äußern gegen die Pläne der neuen Verkehrsführung an der Firma Kolbus.
Von den Nebenstraßen möchten Anwohner den Verkehr fern halten.

Doch dieses Vorhaben konnten sie erst nach einem »Umzug« realisieren. Denn: Der Eskari-Raum platzte aus allen Nähten. Weit mehr als 350 Bürger waren nämlich gekommen, um an der Versammlung teilzunehmen. Initiiert wurde die Veranstaltung von Familien, die an den Straßen »Auf der Heide«, »Im Fang«, Espelkämper Feld und Ratzenburger Straße wohnen.
Und gleich im Vorfeld machten die Vertreter dieser Anwohner deutlich: »Unsere Motivation ist es nicht, die Firma Kolbus in irgendeiner Art zu schädigen. Wir sind für die Expansion und für neue Arbeitsplätze und wir wissen, dass wir wegen des rechtsgültigen Bebauungsplanes aus dem Jahr 1986 keine rechtliche Handhabe haben.« Anregungen und Wünsche seien es vielmehr, die sie in puncto Verkehrsführung an die Stadt Rahden herangetragen hätten. Befürchtet werde, dass mit der Umsatzsteigerung bei Kolbus auch der Verkehr zunehme.
Als Motiv für den Antrag an das Bauamt nannten die Betroffenen unter anderem mehr Sicherheit für die etwa 25 in diesen Bereich lebenden Kinder, den Erhalt der Lebensqualität und die negativen Auswirkungen auf den Wert ihrer Häuser. In einer Erklärung der Anwohner heißt es unter anderem:
»Warum wird nicht das Tor zum August-Kolbus-Weg wieder geöffnet, der eine optimale Zurückführung zur Osnabrücker Straße bietet? Wir sind der Meinung, dass die Straßen L770/B239/Osnabrücker- sowie Fabbenstedter Straße eine rationale Verkehrsanbindung für Kolbus bedeuten. Unsere dörflichen Kleinstraßen dürfen nicht noch zusätzlich belastet werden. Schon jetzt sind wir als direkte Anlieger der Firma Kolbus einem Lärmpegel von bis zu 75 dB ausgesetzt. Diese Belastung wurde bisher ohne Beschwerden in Kauf genommen, doch ein noch stärkeres Verkehrsaufkommen ist nicht tragbar.«
Die Anwohner unterbreiten auch Vorschläge zur möglichen Verkehrsführung, wie die Schaffung einer neuen Zufahrtsstraße auf dem Betriebsgelände entlang des vorhandenen Firmengebäudes an der Straße »Auf der Heide« und eine weitere Verkehrsführung auf innerbetrieblichem Wege mit Ausfahrt über den August-Kolbus-Weg sowie den bisher vorhandenen Firmenwegen. Sie regen weiterhin eine Trennung der neu geschaffenen Zufahrtsstraße auf dem Betriebsgelände und der Straße »Auf der Heide« (durch eine Lärm-/Sichtschutzwand sowie die Sperrung der Straße »Auf der Heide« für den Durchgangsverkehr an. Dadurch wäre die Lärmbelästigung und Verkehrsgefährdung auf ein Minimum reduziert. Keine Anbindung zur Straße »Im Fang« bedeute eine Entlastung der Verkehrssituation für alle direkten und indirekten Anwohner und somit sichere Schulwege für Kinder.
Nachdem die Anwohner ihre Bedenken vorgetragen hatten, begrüßte Kolbus-Produktionsleiter Hans Hasse die Besucher. »98 Prozent des Publikums sind mir bekannt«, freute sich Hasse über das zahlreiche Erscheinen der Kolbus-Mitarbeiter. Er trug die Argumente der Firma Kolbus vor und nannte die Gründe, die die von Kolbus anvisierte Verkehrsführung notwendig machen. Vorab jedoch stellte er klar: »Das geplante Bauvorhaben stellt ein eindeutiges Bekenntnis der Gesellschafter und der Geschäftsführung von Kolbus zum Standort Rahden dar. Hier in Rahden sollen auch in Zukunft Buchbindereimaschinen produziert und damit sehr viele Arbeitsplätze gesichert werden. Die hohe Qualität und der weltweite Bedarf der Maschinen brachte in den vergangenen Jahren ein erfreuliches Wachstum mit sich, so dass die Produktions- und Lagerflächen inzwischen zu klein geworden sind.«
Kolbus müsse erweitern und die zur Verfügung stehenden Flächen optimal, wirtschaftlich und zukunftsgerecht nutzen. 200 bis 300 neue Arbeitsplätzen avisierte Hasse für die kommenden fünf Jahre. »Alle Nachbarn wurden frühzeitig durch eine Einladung bei Kolbus informiert. Einige Punkte wurden besprochen und in der Planung verändert, wie zum Beispiel die Verlegung der Nachtparkplätze für Lkw. Die Benutzung der öffentlichen Straßen für den vernünftigen Zugang zum Gelände wurde diskutiert und im normal üblichen Rahmen als richtig herausgearbeitet«, betonte Hasse. »Die Forderung, die Straße ÝAuf der HeideÜ komplett zu sperren, dort eine Schallschutzwand von 180 Metern Länge und einer Höhe von vier Metern zu bauen sowie die gesamte Verkehrsführung nur auf dem Betriebsgelände auszuführen, können von Kolbus nicht umgesetzt werden«, sagte Hasse. Außerdem hätten Messungen einen Lärmpegel von 56 Dezibel ergeben, erlaubt seien in einem Mischgebiet bis zu 64. Eine Erhöhung um drei Dezibel bedeute schon eine Verdopplung des Lärms.
Das Unternehmen würde bei der kompletten Verkehrsführung auf dem Gelände sehr viel Fläche einbüßen und dringend benötigten Platz für auslieferungsbereite und zwischengelagerte Maschinen verlieren. Ein wirtschaftlicher Ablauf auf dem Freigelände sei dann nicht mehr gegeben.
»Weiterhin werden zukünftig Erweiterungsflächen für Gebäude durch den Bau von Straßen im Gelände verbaut«, berichtete der Produktionsleiter Auch auf das Argument »Belästigung durch Lieferverkehr« ging Hasse ein. »Untersuchungen haben ergeben, dass der Zulieferverkehr und der Maschinenabtransport im Schnitt pro Tag durch 65 Fahrzeuge abgewickelt werden. Diese Zahlen, die bereits auf das Jahr 2010 hochgerechnet wurden, beinhalten 20 Prozent Pkw und 80 Prozent Lkw. Die Zufahrt ist geplant über die Straße ÝAuf der HeideÜ und ÝIm FangÜ. Die Abfahrt erfolgt wie heute aus dem Firmengelände heraus. Der genannte sehr geringe Verkehrsfluss ist aus unserer Sicht zumutbar«, so Hasse weiter. Auf die Frage aus der Gruppe der Anwohner, was denn die Firma für sie zu tun gedenke, hatte Hasse gleich eine Antwort parat: »Kolbus bietet Ausbildungsplätze für Ihre Kinder.«
Auch Bürgermeister Bernd Hachmann ergriff das Wort und machte im Namen der Stadt deutlich, dass die Erweiterung der Firma Kolbus und die Schaffung von bis zu 300 Arbeitsplätzen begrüßt werde. »Das ist eine Seltenheit, dass ein Unternehmen am Standort Deutschland investiert und nicht daran denkt, ins Ausland abzuwandern«, stellte er sich klar hinter den Rahdener Traditionsbetrieb. »Die Stadt steht zu Kolbus und wird die Pläne unterstützen.« Nichtsdestotrotz liege es ihm am Herzen, die Interessen von Unternehmen und Anwohnern unter einen Hut zu bringen. Unmissverständlich wies er jedoch den Wunsch nach einer Straßensperrung zurück. Hachmann sprach andere andere Wege an, den Anliegen der Betroffenen entgegenzukommen. Zum einen wirke Kolbus bereits auf Zulieferer und Mitarbeiter ein, der Beschilderung zu folgen und die besagten Straßen nicht mehr zu nutzen, zum anderen schlug der Bürgermeister vor, Verkehrssicherheitsexperten anzuhören und über Möglichkeiten im Rahmen der Schulwegsicherung nachzudenken.

Artikel vom 31.03.2006