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Machtverhältnisse waren komplizierter


Der WV-Bericht über den Vortrag »Am Vorabend des Ganges nach Canossa: Heinrich IV. als Stratege« von Prof. Dr. Johannes Laudage am 28. März in Paderborn macht diesen Leser nachdenklich:
Die zentrale These von Herrn Prof. Laudage, den Reichsfürsten sei es bei ihrer Positionsnahme im Streit zwischen Herrscher und Papst hauptsächlich um ein rechtmäßiges Verhalten des Königs und Kaisers gegangen, ist von Prof. Laudage quellenseitig sehr gut argumentiert, angesichts der großen mittelalterlichen Entwicklungslinien lädt sie aber doch eher zu Zweifeln ein.
Dreh- und Angelpunkt mittelalterlicher weltlicher Machtgrundlage bildete das Lehenverhältnis. In ihm ist jede nachgeordnete Herrschaftsebene zunächst nur der übergeordneten zu direkter Loyalität verpflichtet. Dieses Prinzip - gewissermaßen der pyramidale Aufbau - legt aber auch die Grundlage für Rebellion und Ungehorsam.
Mit dem Anspruch auf Einsetzung der Bischöfe und Geistlichen Herren entstand gewissermaßen ein »dynastischer« Anspruch der Kirche, auch diese Lehen entfielen damit der Verfügungsgewalt des Königs. Kein Herrscher konnte dies ohne weiteres akzeptieren. Der Konflikt war programmiert.
Was die Rolle der Fürsten nun angeht, liegt auch ihr wahres Anliegen doch wohl eher in eigenen Machtgelüsten. Jede Verhandlungslösung, jeder Kompromiss mit ihnen kennt langfristig nur einen Verlierer: Das Königtum, die Zentralgewalt. So hätte auch Heinrich IV. stückchenweise verloren, hätte er verhandelt. Prof. Laudage hat zumindest vordergründig Recht, wenn er darauf verweist, die Fürsten hätten »nur« ein rechtmäßiges Verhalten des Herrschers gewollt.

DR. MANFRED HÜLSCHER Nasse Wenne 9 aPaderborn

Artikel vom 20.04.2006