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Auch nach 40 Jahren sitzen die Spitzen

»Mindener Stichlinge« auf Einladung der Sparkasse Minden-Lübbecke im Bürgerhaus

Espelkamp (hek). »Es steckt in uns drin«, die »Mindener Stichlinge« können es nicht lassen: Auch nach 40 Jahren überzeugen die Piranhas »in der Brühe der Zeit« durch unbestechliche Bissigkeit. Am Dienstag gastierte das Ensemble auf Einladung der Sparkasse Minden-Lübbecke im Bürgerhaus. Die Einnahmen kamen dem Ludwig-Steil-Hof zu.

»Wer nicht so will wie wir, da langen wir hin«, so die Kampfansage der Kabarettisten. In »Berliner Kakofoniker« zeigten sie, was »Streichen im harmonischen Einklang« bedeutet. Bundeskanzlerin Merkel (Dieter Fechner) dirigiert das Orchester der Großen Koalition. Nach anfänglichen »Disharmonien« zwischen Müntefering und Glos (Oliver Roth und Rolf Mietke), gelingt das Zusammenspiel. Spätestens bei der Liedzeile »Unten streichen, oben Hörner füllen« ist man sich einig. Ob Eigenheimzulage, das C in CDU für christlich oder das S in SPD für sozial - die große Koalition weiß, wo Streichungen fällig sind.
Auch in punkto Gesundheitsreform steckten die »Stichlinge« den Finger in die Wunde: Für den Kassenpatienten mit Blinddarmdurchbruch (Rolf Mietke) kommt jede Hilfe zu spät: Leider seien Blinddarmoperationen für das laufende Quartal bereits aus, teilt ihm die Ärztin (Kirsten Gerlhof) mit. »Wir hätten noch drei Mandel- und vier Nieren-OPs im Angebot.« Sie bietet dem unter Schmerzen Zusammenbrechenden eine »Patienten-Jointventure« an: Zunächst repariere er die Praxis-Heizung. Im Gegenzug ließe sich über eine adäquate Behandlung verhandeln. Bevor sich ein kostendeckender Kompromiss findet, liegt der junge Mann am Boden.
Mit der Gesundheitsreform habe sich das Rentenproblem für einige ohnehin erledigt. Den Niedergang unseres Sozialstaates prophezeite auch der Sargkauf mit Opa (Dieter Fechner). »Nach 20 Jahren Rente ist halt Schluss«, beruft sich der Sohn (Oliver Roth) auf das »Rentner-Beseitigungsgesetz«. Wo »die Rente klein und der Hunger groß« sind, hätten Menschenleben nur noch ein Ziel: Sie sollten dem Staat nicht zu viel kosten.
Beim »Dialog mit der Jugend« sprechen die Generationen nicht mit - sondern gegeneinander. »Wir sollen erst einmal etwas leisten. Dabei kommen wir nicht einmal an die Stellen, wo wir etwas leisten könnten«, fasst ein Vertreter der Jugend (Oliver Roth) die frustrierende Situation zusammen. Wer als »20-jähriger promovierter Betriebswirt keine 30-jährige Berufserfahrung« nachweisen könne, sehe auf dem Arbeitsmarkt schnell alt aus. Die als »Fusion« getarnte »feindliche Übernahme« des Osterfestes durch den Weihnachtsmann zeigte, dass die wirtschaftliche Realität auch niedliche Häschen nicht verschont.
Wenn Energiepreise ins Unermessliche steigen, ist Einfallsreichtum gefragt: Raketenbrenner, um das Wasser zu heizen, Ohrenstöpsel ins Schlüsselloch und das Haus drehen, um den Einstrahlungswinkel der Sonne zu optimieren. Die Tipps von Birger Hausmann, dem Leiter des Ensembles, verblüfften selbst den gewieftesten Sparfuchs.
»Danke für den Spaß, Humor, die kritischen Dinge, für Ihr soziales und kulturelles Engagement«, so Georg Droste, Direktor und stellvertretender Vorstand der Sparkasse Minden-Lübbecke. Wie bei jedem ihrer Auftritte ließen die »Stichlinge« den Erlös wohltätigen Zwecken zukommen. Zusammen mit Mitarbeiter Raimund Rüter überreichte Droste die Spende an Pastor Stefan Bäumer, Leiter des Ludwig-Steil-Hofes. Das Geld komme der Wohngruppe »Leuchtfeuer« zu, »einem heilpädagogischen Intensivangebot«.

Artikel vom 30.03.2006