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Mehr Haushalte verschuldet

Zahl hat drastisch zugenommen - Beraten werden auch Spenger

Spenge/Bünde (hr). Immer mehr Privathaushalte sind überschuldet. Das geht aus dem »Schuldenreport 2006« hervor, den Verbraucher- und Wohlfahrtsverbände jetzt vorgelegt haben. Eine drastische Zunahme an überschuldeten Haushalten ist auch in Bünde festzustellen.

Über dieses Thema informierten soeben das Bundestagsmitglied Wolfgang Spanier (SPD), Maria Morejón und Brigitte Hoch-Brünger von der DRK-Schuldnerberatung sowie DRK-Kreisgeschäftsführer Sven Braune. Sie gingen auch auf die konkrete Situation im Bünder Land ein.
»Die Tendenz ist seit langem steigend. Insgesamt 3,13 Millionen Haushalte sind überschuldet. Somit sind 8,1 Prozent aller Haushalte in Deutschland nicht mehr dazu in der Lage, ihre laufenden finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, sondern gelten als zahlungsunfähig«, informierte der Bundespolitiker. Hauptgrund für die Überschuldung sei in den meisten Fällen eine lang anhaltende Arbeitslosigkeit. Aber auch Scheidung oder eine schwere Erkrankung spielten als Ursache eine Rolle. »Die Arbeitslosigkeit kann jeden treffen - selbst qualifiziertes Fachpersonal«, so Spanier. Fehlende Perspektiven auf einen neuen Job führten hier schnell zu einer verfestigten Dauerarbeitslosigkeit und mündeten in Hartz IV. Spanier bezeichnete es in diesem Zusammenhang als falsch, dass der Kreis Herford beschlossen habe, die Zuschüsse für die hiesigen Schuldnerberatungen um 6600 Euro zu kürzen.
Die Schuldnerberatung in Bünde - sie ist in der DRK-Zentrale an der Sachsenstraße untergebracht - sei voll ausgelastet. »Wir haben momentan eine Wartezeit von drei Monaten - und das ist noch sehr zeitnah«, erklärte Maria Morejón. Allein von 2004 bis 2005 sei die Zahl derjenigen, die eine Beratung oder auch Beantragung der Privatinsolvenz in Anspruch genommen hätten, von 138 auf 228 gestiegen. »Und die Zahlen für dieses Jahr zeigen ganz klar, dass es noch einmal deutlich mehr werden.« Der überwiegende Teil der Schuldner sei zwischen 30 und 39 Jahre alt. »Die meisten kommen zu uns, wenn es nicht mehr weitergeht - wenn kein Geld mehr auf dem Konto ist oder die Lohnpfändung schon ins Haus steht.« Hauptgrund für eine Überschuldung sei auch in Bünde die Arbeitslosigkeit, führte Brigitte Hoch-Brünger aus. Sie kritisierte, dass oftmals auch bequeme Ratenzahlungen dazu verführten, die eigenen finanziellen Möglichkeiten zu überschätzen. »Es ist frustrierend zu sehen, dass immer mehr Entschuldungen nur noch durch das Privatinsolvenzverfahren möglich sind.« Die Schuldnerberaterin forderte, dass schon an Schulen eine finanzielle Allgemeinbildung vermittelt werden müsste. »Finanzkompetenz muss Bildungsstandard werden.«

Artikel vom 29.03.2006