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Gericht sieht
Tötungsabsicht
nicht bewiesen

Bewährungsstrafen für Versmolder

Versmold/Osnabrück (hj). Zu 24 beziehungsweise 20 Monaten auf Bewährung sind gestern zwei Versmolder vom Landgericht Osnabrück wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Trunkenheit im Straßenverkehr verurteilt worden. Den 43- und 31-jährigen Männern war vorgeworfen worden, am 5. Oktober einen Mann in Osnabrück lebensgefährlich verletzt zu haben.

Lautete der Vorwurf vor einer Woche noch versuchter Totschlag, so entschärfte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gestern am letzten Verhandlungstag vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Osnabrück die Anklage. Nach Aussagen von mehreren Zeugen sowie dem Bericht des sachverständigen Psychiaters, Dr. Konstantin Karyofilis aus Oldenburg, sei der Vorwurfsvorsatz nicht eindeutig zu beweisen gewesen.
Die beiden Männer waren am 5. Oktober in den Abendstunden in Osnabrück unterwegs. Vor einem Lokal hatte es Streit mit einem Osnabrücker gegeben. Der Mann soll dann mit seinem Fuß durch das geöffnete Seitenfenster getreten und den Beifahrer am Kopf verletzt haben. Der 43-Jährige soll daraufhin den Fuß des Osnabrückers festgehalten und seinen Kumpel gebeten haben, los zu fahren. Erst nach etwa 25 Metern habe er den Fuß losgelassen, der Osnabrücker sei aufs Pflaster geknallt und verletzte sich dabei lebensgefährlich am Kopf. Beide Versmolder standen zum Tatzeitpunkt erheblich unter Alkohol- und Drogeneinwirkung.
Der Verteidiger des Versmolders wertete das Festhalten des Fußes durch seinen Mandaten als Verteidigungsaktion. Falsch reagiert habe sein Mandant lediglich, was die überdurchschnittlich lange Zeit des Fußfesthaltens angehe. Das sei jedoch dem Alkohol- und Drogenkonsum seines Mandaten zuzuschreiben. Hier sehe er den Vorwurf der Körperverletzung schon als begründet an.
Der Verteidiger des anderen angeklagten Versmolders stellte fest, dass sein Mandant mit der eigentlichen Auseinandersetzung nichts zu tun gehabt habe. Er sei lediglich der Anweisung seines Kumpels gefolgt und losgefahren. Der Vorwurf der Trunkenheitsfahrt wurde dabei eingeräumt.
Zuvor hatte der Sachverständige dem Gericht die volle Schuldfähigkeit der Angeklagten bestätigt. Sie seien psychiatrisch nicht gestört, obwohl sie alkohol- und drogenabhängig seien. Beide Versmolder seien außerdem nicht als gewalttätig einzustufen.
Der Vorsitzende Richter Wolfgang Kirschbaum schloss sich in seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft voll an. Es sei in der Verhandlung nicht eindeutig erwiesen worden, dass beide Angeklagten die schweren Verletzungen oder sogar den Tod des Geschädigten billigend in Kauf genommen hätten. »Trotzdem bleibt es gefährliche Körperverletzung«, sagte der Richter. Nicht als Notwehr wertete Kirschbaum das Festhalten des Fußes durch einen Angeklagten. »Hier kann man eher von Verteidigung sprechen.« Die gestern gezeigte volle Geständigkeit und Reue rechnete Kirschbaum den beiden Männern bei der Strafbemessung an. Die Bewährung wurde auf vier Jahre ausgesetzt. Dem 31-jährigen Versmolder darf der Führerschein für die Dauer von drei Jahren nicht ausgehändigt werden.

Artikel vom 29.03.2006