28.03.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Arche Noah: Bretter, die die Welt bedeuten

Paderbornerin wird in Peru zur »Mutter der Ärmsten«

Von Manfred Schraven
Paderborn (WV). Mit ein paar bemalten, zusammengehämmerten Brettern hat alles begonnen. Als die Paderbornerin Cäcilia Reichmann vor drei Jahren den Hilferuf von Victor und Ilona Zevallos-Falla aus einem kleinen Andendorf in Peru erhielt, mochte keiner glauben, was dort erreicht wird: Es wurden Bretter, die die Welt bedeuten - für die Ärmsten.

Heute setzen die Indigenos im Dörfchen Pacancuilla im Andenhochland eher auf Stroh. Und das dies beileibe kein Strohfeuer ist, dafür stehen die 74-jährige Paderbornerin Cacilia Reichmann sowie Victor und Ilona, die vor sechs Jahren von Paderborn aus ins Land von Victors Vorfahren nach Peru aufgebrochen sind, mit ihren guten Namen. Damals schlummerte schon im Hinterkopf eine Idee, die sich beim Lesen eines Buches in der Paderborner Unibibliothek als Traum festgesetzt hat: ein Haus aus Stroh. Gilt der »Baustein« Stroh doch als erdbebensicher, ökologisch, klimaausgleichend und äußerst billig. Zurzeit wird im Norden Perus im Kinderdorf Arche Noah der Traum verwirklicht: Mit Spendengeldern in Höhe von 24 000 Euro vom LFQ (Landschaftsverband für Qualifikation) entsteht ein zweistöckiges Gebäude aus Reisstroh als Mütter-Kinder-Heim mit 38 Zimmern für etwa 100 Personen und einer großen »Sala de Comido« in Form einer Arche. In diesem Zusammenhang dankte Cäcilia Reichmann insbesondere auch Weihbischof Matthias König, durch dessen Einsatz rund 24 000 Euro für den dringend benötigten Stromanschluss ins Andendörfchen flossen.
Noch aber ist der ganze Stolz von Ilona der Mittagstisch im alten Schulgebäude, berichtet Cäcila Reichmann, die in diesen Tagen wieder von Peru zurückgekommen ist: »Hier essen täglich rund 70 Hungrige an sechs selbstgezimmerten Tischen und Holzbänken - ohne Strom.«
Die Schule selbst macht nach ihren Worten enorme Fortschritte. Sie wurde staatlich anerkannt. Rund 100 Schülerinnen und Schüler, überwiegend Kinder von Tagelöhnern, werden hier von inzwischen neun Lehrern unterrichtet. Die Kinder lernen Notenlesen, Flötenspielen, altes peruanisches Handwerk, aber auch Englisch und natürlich die Grundrechenarten.
Besonders froh sind die Zevallos und Cäcilia Reichmann auch über Patenschaften, die nach und nach von Paderbornern übernommen werden. Nicht zuletzt dadurch haben die achtjährige Maria Guadalupe und die sechsjährigen Zwillinge Angel-Alexander und Angel-Miguel Platz auf der »Arche Noah« bekommen. Ihre Mutter Julia ist Mitte 30 und hat Gebärmutterkrebs im Endstadium.

Artikel vom 28.03.2006